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Angeblich Ehec-Quelle entdecktVerseuchte Sprossen

Der niedersächsische Landwirtschaftsminister Gert Lindemann will den Ursprung der Ehec-Epidemie ausgemacht haben. Er ist sich sicher: Es waren Sprossen aus Bienenbüttel bei Uelzen.

Gelten eigentlich als supergesund: Frisch gekeimte Sprossen. Bild: imago/McPhoto/Diez

HANNOVER afp | Im Kampf gegen die Ehec-Epidemie gibt es eine neue Spur über den Ursprung und die mögliche Ausbreitung der Krankheit. Nach Angaben des niedersächsischen Landwirtschaftsministers Gert Lindemann (CDU) wurden der Vertriebsweg von in Niedersachsen erzeugten Sprossen nachvollzogen. "Dabei wurde ein Zusammenhang zwischen den bekannten größeren Ausbruchsgeschehen mit dem Lebensmittel festgestellt", sagte Lindemann am Sonntag auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz in Hannover: "Zu allen Hauptausbruchsstellen läßt sich die Verbindung herstellen."

"Die Indizienlage ist so klar, dass nach meiner Ansicht den Verbrauchern empfohlen werden muss, derzeit auf den Verzehr der Sprossen zu verzichten", sagte Lindemann. Der Hersteller sei "deshalb wenigstens als eine wesentliche Quelle anzunehmen".

Hinzu komme, dass auch zwei Mitarbeiter des Betriebes an Durchfallerkankungen litten und in einem Fall eine Ehec-Erkrankung festgestellt worden sei. Bis Montag rechnet Lindemann mit dem Ergebnis der Untersuchungen, ob der Ehec-Erreger auf den Sprossen nachgewiesen kann.

Lindemann wies zugleich darauf hin, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die kontaminierte Ware bereits vollständig verarbeitet und abverkauft wurde". Die neue Spur sei das Ergebnis eigenständiger epidemologischer Untersuchungen des Ministeriums.

Der betroffene Gartenbaubetrieb in Bienenbüttel im Landkreis Uelzen verarbeitet demnach Saatgut aus Deutschland, anderen europäischen Ländern aber auch aus Fernost zu Sprossenmischungen meist für Salate. Dabei wird das Saatgut in Trommeln mit Feuchtigkeit bei 37 Grad angezogen: "Das sind natürlich ideale Bedingungen auch für alle andern Keime", sagte Lindemann.

Der EHEC-Erreger könne in dem verarbeiteten Saatgut enthalten gewesen sein, aber auch über das versprühte warme Wasser auf die Sprossen gelangt sein. Der Betrieb ist laut Lindemann gesperrt, die Rückholung aller Auslieferungen laufe.

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18 Kommentare

 / 
  • T
    Toby

    Sprossen:

     

    Die Rückrufaktion macht nur Sinn, wenn der ganze Produktionsweg des Betriebes verseucht ist und nicht nur einzelne Chargen. Meine Sprossen aus Fensterbankzucht sind nach drei Tagen erntereif und nach spätestens fünf Tagen zu verzehren. Am längsten brauchen Alfalfas und die sind auch nach spätestens neun Tagen zu verschnabulieren. Wenn der Betrieb nur einzelne Seuchenchargen hatte, sind die längst restlos gegessen.

     

    Rohe Sprossen sind tatsächlich ungeheuer schmackhaft und gesund. Aber verpackte aus der Kühlung habe ich von je her nur pouchiert gegessen.

    Frage: Wie sicher sind selbst gezogene? Wie lange halten sich die Keime auf den trocken gelagerten Saaten?

     

     

     

     

    Behörden:

     

    Meine Ex und ich hatten mal beide zeitgleich einen meldepflichtigen Erreger. Wir hatten uns nach einer Woche in getrennten Städten zum gemeinsamen Abendessen gesehen und waren danach wieder auseinandergegangen um einige tage später beide zu erkranken. Das Gesundheitsamt kam prompt zur Befragung – nachdem meine Ex nach zehntägigem Krankenhausaufenthalt bereits mehrere Tage wieder daheim war. Schade. Wir hätten ihnen schon am ersten Tag genau sagen können, wo wir uns das Mistvieh geholt hatten.

    Bei solchen Behörden hilft nur informationelle Selbsthilfe.

  • S
    SchweineImWeltall

    gerade von der taz erwarte ich mehr kritische distanz zum aktuellen ehec-hype. was könnte damit gedeckelt werden? seit wochen lesen wir dazu, leider auch in taz, nix als spekulatius!

     

    schon einige leserInnen haben darauf hingewiesen, wie konstruiert die panik-mache erscheint, denkt man bspw. an die sehr viel höhere anzahl von toten bei regelmäßig auftretenden grippe-epidemien.

     

    was mich mal brennend interessieren würde: wie stark ist unser heimisches gemüse schon radioaktiv kontaminiert durch den fukushima-mega-gau?????

     

    warum interessiert das denn kaum ein schwein?

    vielleicht weil niemand das zum thema macht?

  • L
    Liam

    Also langsam wird es einfach nur noch absurd! Bald waren es die Sprossen dann bestimmt auch nicht, denn 2 Betroffene haben ja keine gegessen und dann greifen wir einfach mal wieder in den hut und ziehen den nächsten Verdächtigen. Was anderes, als eine große Tombola kann man da hinter ja schon nicht mehr vermuten- oder sind die Rindfleischteile erst mit den Gurken schmusen gegangen und die Gurken haben es dann an alle anderen Verdächtigen weitergegeben?

    Schade eigentlich, daß man sich hier so langsam einem Produkt aus dem Axel- Springer- Verlag annähert. aber wenn alle schreien "DER WOLF!", dann ist es bestimmt in Ordnung, auch ganz ohne Beweise mitzubrüllen- irgendwo gibt es ja immer einen Wolf.

    Ich denke, wenn die Presse nicht wie der letzte Aasgeier zur Befriedigung der katastrophengeilen Massen über der Szenerie kreisen würde, dann würden auch nicht dauernd Panik-Horror-Meldungen über bösartige Keime in allem, was schmeckt oder nicht schmeckt rausgehen, sondern man würde erst den Mund aufmachen, wenn man was hieb- und stichfestes hat. Aber die Massen wollen ja unterhalten... ähm natürlich informiert werden.

     

    Ich setz meine nächste Wette auf Wachteleier für die Fraktion "Eiweißhaltige Produkte" und für die rubrik "Gemüse" tritt dieses mal an "Kartoffeln".

  • M
    McMalcom

    Mmh. Vor dem Verzehr von Gurken, Tomaten und Salat wird gewarnt. Nun auch vor dem Verzehr von Sprossen. Ebenso wird gewarnt vor Eiern (Dioxin-Skandal). Auch vor dem Verzehr von Fleisch wurde schon gewarnt (BSE-Krise, Vogelgrippe, Schweinegrippe etc. - 98% stammt davon aus Massentierhaltung). Denn die Tiere sehen kaum noch Tageslicht, geschweige denn bekommen sie artgerechtes Futter. In Summe: Was verspeisen wir da eigentlich? Dreck! Mist! Abfall!

     

    Auf den spanischen Gurken wurde zwar kein EHEC-Erreger gefunden, dafür aber ein anderer, ihm verwandter Darmkeim. Entschuldigung? Was hat überhaupt ein Keim auf Gurken zu suchen?

     

    Liebe Nahrungsmittelindustrie! Ihr habt Euer Vetrauen endgültig verspielt. Was darf man denn heute überhaupt noch unbedenklich essen? Egal ob Bio oder industriell hergestellt, egal ob vegan, vegetarisch oder Fleischeslust... Was davon?

     

    Es geht hier um Nahrung! Grundlegendstes Element zum Überleben, ja zum LEBEN! Was macht Ihr da mit uns?

     

    Guten Tag.

  • D
    Dunbar

    Sehr amüsant. Konnte man doch kürzlich in der TAZ noch einen Artikel lesen, in dem "wieder einmal" die Fleischindustrie für den aktuellen EHEC-Ausbruch verantwortlich gemacht wurde. Geschrieben hat diesen Artikel damals offenbar eine Vertreterin eines Vegetarier-Verbandes, die es selbst sogar schon zur Veganerin geschafft hatte und damit natürlich ein leuchtendes Vorbild war. - Und jetzt waren es dann plötzlich doch die Sproßen, welche in keinem vegetarischen Salat fehlen dürfen... sowas nennt man wohl peinlich? - Vielleicht wäre es einfach mal angebracht, wenn die Vegetarier-Fraktion ihren Missionseifer ein wenig drosseln würde. Soll doch jeder essen was er mag.

  • HP
    H. P. Petersen

    Die EHEC-Erreger können außerhalb eines Wirtslebewesens nur begrenzte Zeit überleben und das sie sich außerhalb eines Wirtslebewesens explosionsartig vermehrt haben sollten, dass hört sich doch sehr abenteuerlich an.

    Ebenso, wie eine Verbreitung über Saatgut, dessen Lagerung eigentlich keine idealen Lebensbedingungen für solche Bakterien bieten sollte. Keimlinge, die in kontaminierter Umgebung vorgezogen wurden, dürften da schon viel wahrscheinlicher sein – wenn sie nicht auf diesem Bio-Hof selbst „zugefügt“ wurden.

    Es ist das Dilemma der Bio-Branche, dass die bei ihnen zugelassenen Naturdünger gerade die Verbreitung solcher Erreger fördern. So dürften auch die aus Spanien gelieferten Bio-Gurken ihre EHEC-Erreger über Gülledüngung in der Wachstumsphase bekommen haben. Auch wenn diese nicht gleich tödlich waren, unbedenklich sind sie auch nicht. Es ist an der Zeit, „Bio“ kritisch zu hinterfragen und nicht einfach haltlos als großen „Gesundmacher“ hochzujubeln.

  • C
    Celsus

    Es wird nicht der erste Fehlgriff sein, wenn jetzt vor den Untersuchungsergebnissen bereits die Sprossen als Quelle von EHEC herausposaunt werden. Es gab ja schon die Fehlgriffe bei norddeutschen Erzeugnissen und spanischen Gurken.

     

    Jeweils Lebensmittel, die auch noch gemieden werden sollten und sollen, nachdem sich deren Harmlosigkeit herausgestellt hatte. Stattdessen will Frau Aigner den Bayern für die weiter anfallenden Kosten Schadensersatz zahlen. Freilich nicht aus ihrem privaten Portomonaie. Das darf dann der Steuerzahler ausbaden. Und das trotz Schuldenbremse. Aber die derzeitige Koalition ist wie ein großer schwarz-gelber Hund, der auf einen Wursthaufen aufpassen soll.

     

    Und jetzt Sprossen als Quelle? Ein kurzer Blick dürfte reichen, um diese ganz sicher nicht als Quelle von Darmbakterien anzusehen. Zudem Pflanzen, die mit Kunstdünger gedüngt worden sein sollen.

     

    Aber das Medienecho wird der auf konventionelle Landwirtschaft fixierten CSU gut ins Konzept passen. Sprossen auf der Verdachtsliste? Wie wudnerbar! Welche Anweisungen gibt es eigentlich, wo die Experten vorrangig zu suchen haben und wo eher nicht? Warum gingen die Fragebögen zu EHEC so verspätet an die Krankenhäuser heraus?

     

    Das Gestümpere des CSU-geführten Ministeriums, das auch schon in der internationalen Kritik war samt Hilfsangeboten aus dem Ausland erfordert bald einen Untersuchugnsausschuss im Bundestag.

  • E
    ernst

    die meisten anderen medienanstalten berichten von einem "verdacht" die quelle gefunden zu haben, die faz weiß es schon ganz sicher ..

  • C
    Canaillo

    Morgen in der Blöd-zeitung:

     

    'Vegetarier bringen mit dem Sprossfitt-geheimprogramm Currywurst essende Hausfrauen um'

     

    Und die erste Gentechniker reiben sich schon die Hände.

  • PL
    Pia Loge

    Meines Erachtens alles nur Ablenkung!

     

    Erst war es die Betriebskantine, dann die Killergurken, dann die Rohkost, dann die Tomaten, dann ein Restaurant, dann die Biogasanlagen,

    jetzt die Sprossen.

     

    Ach ja, zwischendurch fand die Wissenschaft sogar noch einen neuen E. coli Stamm welcher an allem Schuld sein soll. Ja was denn nun?

     

    Und was ist mit Wasser?

     

    Über die reale Möglichkeit der Verbreitung über das Trinkwasser wird wissentlich geschwiegen. Zwar hat das UBA diese Möglichkeit am 26.5. via PM heruntergeredet, nur ist dem UBA seit Jahren bekannt das EHEC sich auch über das Trinkwasser verbreiten kann.

     

    Biofilm lässt grüßen.

  • R
    Ralf

    Leider verschweigt die taz uns eine Information, die andere (online)-Zeitungen ihren Lesern nicht vorenthalten: dass es sich bei betroffenen Hof um einen Bio-Hof handelt. Würde es sich um einen "Chemie"-Grossbetrieb oder gar um einen Genpflanzenhof handeln wäre da die taz sicher weniger zurückhaltend...

  • S
    soso

    Vielleicht haben die werten Damen einen Zungenkuss mit einem Mitarbeiter ausgetauscht, welcher jeden Tag fünf Portionen Sprossen isst .... ;)

  • S
    spiritofbee

    Deutschland hat einen neuen Exportschlager. Angst in variablen Formen...wohldosiert zu allen Jahreszeiten.

    Aber keine Sorge ein neuer Impfstoff kommt bestimmt, jetzt wo die Lager der letzten Saison geräumt sind.

  • W
    wauz

    Hirnloser Aktionismus - oder doch mehr dahinter?

     

    Hier wird mit geballter Medienmacht ein Skandal aufgezogen, der irrwitzige Schäden anrichtet. Kurzfristig wird ein Wirtschaftszweig zugrundegerichtet. Und längerfristig die "Volksgesundheit" geschädigt, weil das nun gesäte Misstrauen gegen unverarbeitete Frischware die Ernährungsgewohnheiten beeinträchtigt. Was ist es wert, solche Nachteile in Kauf zu nehmen? Welche Schlagzeilen werden durch EHEC verdrängt?

    Klare Antwort: der Atomausstieg!

    Merkel möchte, getreu dem SS-Prpogandaoffizier Franz Strauß, "an der Spitze des Fortschritts" stehen, und dabei dafür sorgen, dass die alte Macht der Atomindustrie einen Fuß in der Tür behält! Dazu ist ein wenig Rauch und nebel an der Nachrichtenfront gerade richtig. Erzeuge Affekt bei den Massen und der Verstand schaltet ab.

    In "normalen" Zeiten wäre der EHEC-Ausbruch unter den Teppich gekehrt worden.

  • S
    soso

    Da das mit dem spanischen Gemüse schon falsch war wäre es vielleicht angebracht einfach allgemein zu erwähnen, dass irgendwelche Sprossen es sein könnten und das Ergebnis abzuwarten?

  • R
    Radfahrer.Ruhr

    Jetzt sind es also die Sprossen und gleich wird ein Ort genannt und mit Hilfe des großen Internetbruders kann jeder sofort den betroffenen Betrieb finden.

     

    Bewiesen ist nichts, aber schon werden im hilflosen Behördenhandeln die nächsten Existenzen diesmal aus Ökobranche vernichtet und ein Teil der nicht betroffenen anderen Erzeuger gleich mit!

     

    Ein Trauerspiel in einem Land wo die Unschuldsvermutung scheinbar nichts mehr gilt.

     

    Eher traurige Grüße vom

    Radfahrer.Ruhr

  • WR
    Werner Roth

    Woher der EHEC-Erreger stammt - bisher vier Theorien

    Hier nun die 5. Theorie:

    Der EHEC-Erreger scheint ursprünglich vom Rind zu kommen. Die wahrscheinlichste Route ist somit vom Milchbauern über die Molkerei zum erkrankten. Begründung:

    Eine Verunreinigung bei einem Milchbauern in der an die Molkerei gelieferten Milch kann bei verschiedenen n i c h t hocherhitzten Milchprodukten aufgrund der Widerstandsfähigkeit des Erregers zu einer solchen Epidemie führen. Weiteres Vorgehen:

    Bei allen Betroffenen/Erkrankten ist zu ermitteln, ob und wenn ja diese welche n i c h t hocherhitzten Milchprodukten eingekauft, roh verzehrt oder/und weiterverarbeitet haben. Eine ungenügend hohe Erhitzung führt nur zur raschen weiteren Vermehrung der Bakterien. Anscheinend sind nur wenige Erreger erfotderlich, weil diese offensichtlich den Magen schadlos überwinden können.

  • L
    lala

    Ah ja, jetzt also Sprossen.

     

    Da frage ich mich aber warum in Hamburg oder Lübeck 2 Frauen im Krankenhaus liegen die seit mehreren Wochen eine "Erdbeer-Diat" gemacht haben...Brigitte sei Dank :)