: Anerkennung frauenspezifischer Asylgründe gefordert
Bad Boll (taz) - Die Anerkennung frauenspezifischer Asylgründe forderten gestern Teilnehmerinnen einer Tagung in der Evangelischen Akademie Bad Boll. Die bisherige Rechtssprechung lasse unberücksichtigt, daß Frauen häufig wegen ihres Geschlechts verfolgt werden.
Vom Bundesverfassungsgericht wird bislang nur die Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse, Religion, Nationalität, sozialen Gruppe oder wegen einer bestimmten politischen Überzeugung als Asylgrund anerkannt. Auf der Tagung, an der unter anderem Flüchtlingsfrauen aus Iran, Libanon, Eritrea und Zaire teilnahmen, wurde darauf hingewiesen, daß es auch eine frauenspezifische Verfolgung gäbe.
So sei etwa im Irak ein Gesetz erlassen worden, wonach die Tötung einer „untreuen“ Ehefrau straffrei bleibe. Frauen der tamilischen Minderheit in Sri Lanka stünden bei Vergewaltigungen, die im Rahmen von Razzien immer häufiger vorkämen, unter dem Druck, die „befleckte Familienschande durch Selbstmord zu tilgen“. Die parlamentarische Beraterin der Grünen im baden-württembergischen Landtag Jutta Fischer -Fritsch wies darauf hin, daß Frauen häufig als Geisel genommen würden. Aus Kurdistan und Eritrea seien Fälle bekannt, in denen Frauen sexueller Gewalt und Folterung ausgesetzt wurden, um die Preisgabe des Aufenthaltsortes von Familienmitgliedern zu erpressen.
Da Frauen bei ihren Asylanträgen frauenspezifische Verfolgungsgründe aus Scham oft verschweigen, forderten die rund 50 Tagungsteilnehmerinnen, daß bei allen Behörden und Gerichten, die mit Asylverfahren befaßt sind, verstärkt Frauen eingesetzt werden.
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