Anerkennung ausländischer Uniabschlüsse: Gestatten - Dipl.-Ing. Hausmeister

Eine Studie beklagt mangelnde Anerkennung ausländischer Abschlüsse in Deutschland. Dadurch finden auch sehr gut ausgebildete Einwanderer häufig keinen angemessenen Job.

Vergeudetes Potential: Viele Uniabsolventen arbeiten in Deutschland weit unter ihren Fähigkeiten.

BERLIN taz Sie ist Ökonomin mit russischem Uniabschluss - und muss in Deutschland in einer Kantine malochen. Er ist Mathematiklehrer aus Kuba - und schlägt sich nun mit Tanzstunden durch.

Zahlreiche solche Beispiele haben die Augsburger Wissenschaftlerinnen Bettina Englmann und Martina Müller in der Studie "Brain Waste" zusammengetragen, die am Donnerstag von Integrationsministerin Maria Böhmer (CDU) vorgestellt wurde. Das Fazit der Autorinnen: Trotz vorhandener Qualifikation gelingt es Einwanderern oft nicht, in Deutschland ihren erlernten Beruf weiter auszuüben.

Schuld daran ist nach Ansicht der Autorinnen das mangelhafte Anerkennungsverfahren von ausländischen Abschlüssen in Deutschland. "Die Abschottung des Arbeitsmarktes spielt eine größere Rolle als die Wertschätzung ausländischer Abschlüsse", heißt es in dem Bericht. Dies sei auch ein volkswirtschaftliches Problem, sagte Englmann der taz. "Wenn ein Ingenieur nur einen Job als Hausmeister bekommt, ist das eine Vergeudung von Ressourcen." Das sieht auch Integrationsministerin Böhmer so: "Wir müssen diese Potenziale viel besser nutzen."

Genau hier wäre die Politik gefragt. Denn als größtes Problem nennen die Studien-Autorinnen die Zersplitterung der Zuständigkeiten im deutschen Föderalismus. Hunderte von Stellen in einem "kaum überblickbaren Labyrinth" seien an der Anerkennung von Abschlüssen beteiligt. Als Folge würden Einwanderer nur unzureichend informiert. Weder in den Arbeitsagenturen noch in der sogenannten Migrationserstberatung, die in Integrationskursen vorgesehen ist, erhielten sie eine systematische Beratung über die Anerkennung ihrer Ausbildung.

Als Folge würden selbst Akademiker von den Arbeitsvermittlern oft als "Ungelernte" kategorisiert. Oder sie arbeiten zu einer deutlich schlechteren Bezahlung, als es ihrer Qualifikation entspricht. Manchmal scheiterten die Anerkennungsverfahren auch daran, dass Einwanderer das Geld für amtlich beglaubigte Übersetzungen und zusätzliche Prüfungen nicht bezahlen könnten. Auch rechtliche Lücken beklagen die Autorinnen. So hätten nur Spätaussiedler das Recht, für jeden Abschluss eine Anerkennung zu beantragen. EU-Bürger hätten dieses Recht nur in rund 60 sogenannten reglementierten Berufen, darunter LehrerInnen, ÄrztInnen und PflegerInnen. Die höchsten Hürden bei der Anerkennung bestehen für Nicht-EU-Ausländer.

Für die Studie befragten die Autorinnen 230 Mitarbeiter von Behörden, die mit der Anerkennung ausländischer Abschlüsse befasst sind. Zudem interviewten sie mehr als 150 betroffene Migranten. Obwohl 86 Prozent von ihnen über eine Ausbildung oder ein abgeschlossenes Studium verfügten, gelang es nur 16 Prozent, in Deutschland einen Arbeitsplatz in ihrer ursprünglichen Branche zu finden. Um die Probleme zu entschärfen, schlagen die Autorinnen ein nationales Anerkennungsgesetz vor, wie es etwa in Dänemark existiert.

Integrationsministerin Böhmer mahnte zumindest "bundesweit vergleichbare und zügige Verfahren" zur Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen für alle Einwanderer an. Denkbar sei auch, Abschlüsse schon vor der Einreise zu erfassen. Das soll eine schnellere Beschäftigung in Deutschland ermöglichen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.