Andrew Warhola Superstar

Auch 17 Jahre nach seinem Tod zieht der Name Warhol an den deutschen Museumskassen. Nach der Präsentation seiner „Time Capsules“ in Frankfurt, wird jetzt in Düsseldorf sein Spätwerk beleuchtet

„Wenn man geboren wird, ist das so, wie wenn man entführt wird.“ Andy Warhol

VON PETER ORTMANN

Warhol war der erste Künstler, der die Trivialität zur Kunst erhob. Er war der erste, der seine eigene Person untrennbar mit dem Lebenswerk verwob und die Marketing-Stategien der Kaufrausch-Mafia für den eigenen Erfolg benutzte. ER wurde verlacht, erschossen, vergöttert. Mit Mühe holten ihn die Ärzte 1968 nach dem Attentat zurück ins Leben. Seine Chance für einen Rock `n Roll Tod war dahin, die Chancen für die Kunst stiegen, bis er 1987 wegen seiner Gallenblase den Ärzten endgültig entwischte.

Das Museum Kunst Palast in Düsseldorf widmet jetzt dem Meister des silberweißen Toupets und der starren Pose eine dreistöckige Einzelausstellung über sein Spätwerk, die anschließend quer durch Europa reisen wird. „Die letzen Werkreihen sind in den großen posthumen Retrospektiven nicht gewürdigt worden“, sagt Mark Francis, Gründungsdirektor des Warhol Museums in Andys Geburtsstadt Pittsburgh, der zusammen mit Museumsdirektor Jean-Hubert Martin die Ausstellung kuratierte. Der Tod habe ihn bis zum Schluss beschäftigt und die Hinwendung zu abstrakter Malerei.

Warhol wäre nicht Warhol, wenn er das nicht auch nach seinem Tod witzig konterkarieren könnte. Die letzte Eintragung in seinem Tagebuch (Dienstag, 17. Februar 1987) handelt von einer Modenschau in New York, bei der er mit Jazzlegende Miles Davis auf den Catwalk mußte. Zeigen sollte er eine Garderobe aus Kaninchenfell und Schlangenleder. Andy war sauer: „Ich sah darin aus wie Liberace“. Miles bekam einen 5.000 Dollar-Maßanzug mit goldenen Noten. „Das war gemein“, erinnerte sich Andy bei seinem Tageseintrag.

Woran der Künstler zuletzt gearbeitet hat, ist umstritten. Zu den letzten Werken gehören die pop-abstrakte „Camouflage“-Serie und die Materialserien „Oxydation“. Kupfer reagiert auf Wasser mit grünlicher Oxidation, Warhol benutzte Urin. Damit griff er die alte Faktory-Idee der „piss-paintings“ auf, wo die Besucher seiner damaligen Atelierhalle Leinwände bepinkelten, die am Boden lagen. „Die chemische Reaktion sieht einfach besser aus mit Urin“, meinte er damals, das Ergebnis ist in Düsseldorf zu sehen. Je älter der Meister wurde, desto größer wurden auch seine Arbeiten. Höhepunkte der „Late Works“ im Kunstpalast sind die riesigen „Shadow“ und „Rorschach“ Arbeiten (Kunstharzfarbe und Siebdruck auf Leinwand) und die kleinen Original-Kontaktabzüge seiner Fotoserie über Josef Beuys, die noch nie ausgestellt waren. Warhol hat ihn häufig besucht, da Hans Mayer, sein deutscher Galerist, in Düsseldorf beheimatet ist. Bei den Shadow-Arbeiten benutze er eigene Fotos als Vorlage: Der scharfe Schatten eines Hund fällt auf eine weiße Wand. Davon benutzte Warhol einen kleinen Ausschnitt, so dass weder das ursprüngliche Motiv, noch seine Bedeutung erkennbar bleibt.

Großausstellungen müssen finanziert und beworben werden, trotz publikumswirksamer Namen. Deshalb war Andy auch selbst bei der Pressevorstellung. Ein Düsseldorfer Künstler rekonstruiert werbewirksam die Aktion „Invisible Sculpture“ von 1985 in Museum und Altstadt. Die Pop-Ikone hatte sich damals bewegungslos eine bestimmte Zeit in ein Schaufenster gestellt, die gleiche Zeit glänzte er durch Abwesenheit. Dennoch war er irgendwie immer präsent. Heute sollen Silbertoupet und dunkle Sonnenbrille dafür reichen, das hätte Andy sicher nicht gefallen.