Inklusives Restaurant feiert Geburtstag: Jubiläumsfeier mit ein bisschen Theater
Das Restaurant Charlottchen wurde vor 35 Jahren eröffnet. Es hat einen Wandel vollzogen, nun lädt es als französische Brasserie ein. Ein Ortsbesuch.
![Kerstin Hallensleben im Porträt, sie arbeitet in der Küche des inklusiven Restaurants Charlotten, das von der Mosaik-Service gGmbH betrieben wird Kerstin Hallensleben im Porträt, sie arbeitet in der Küche des inklusiven Restaurants Charlotten, das von der Mosaik-Service gGmbH betrieben wird](https://taz.de/picture/7527150/14/Kerstin-Hallensleben-01-TEAM-CODE-ZERO-1.jpeg)
Nächsten Samstag, am 22. Februar, steht wieder Kindertheater auf dem Programm und ein Konzert mit der Band „Blues Deluxe“. Ja, das Charlottchen ist ein sehr lebendiger Ort. Also rein ins Restaurant, das mit warmen Pastelltönen von Rot bis Grün empfängt, und einen Milchkaffee bestellt.
Das Charlottchen wurde am 13. Februar vor 35 Jahren als das erste Kinder-Restaurant Berlins eröffnet, als ein Indoor-Spielplatz mit Cafébetrieb. „Wir mussten Arbeits- und Ausbildungsplätze für Menschen mit Behinderung schaffen und auch Geld verdienen, unsere Integrationsprojekte müssen sich ja wirtschaftlich rechnen“, blickt Beate Baumgärtner auf die Anfänge zurück.
Seit 1990 arbeiten im Charlottchen Menschen mit und ohne Behinderung zusammen, bis heute. Ein guter Grund zu feiern. Am 13. Februar steigt eine große Sause zum Jubiläum für geladene Gäste, natürlich im Charlottchen.
Als französische Brasserie neu erfunden
Die Eröffnung des Charlottchens bildete den Startschuss für das Inklusionsunternehmen Mosaik-Services gGmbH, zu dem heute neben mehreren Restaurants, Cafés und Kantinen in ganz Berlin auch eine Gebäudereinigung und ein Malereibetrieb gehören. Beate Baumgärtner arbeitet seit 30 Jahren als Sozialpädagogin und kennt das Charlottchen von Anfang an. Das hatte nach einer viermonatigen Umbauphase Ende 2023 wiedereröffnet und sich als französische Brasserie neu erfunden.
Das war nötig, erzählt Nadia Panknin, die für die Kulturplanung im Charlottchen zuständig ist. Der Kiez hatte sich mit den Jahren verändert, der Zeitgeist ebenso. „Damals war ein Indoor-Spielplatz mit Spielburg neu und revolutionär, heute gibt es sie überall.“ Die Spielburg übrigens landete nicht im Müll, sie wurde an ein AWO-Geflüchtetenheim verschenkt.
Nadia Panknin ist Theaterpädagogin und leitet die Theatergruppe, die es seit 2008 gibt. Dort machen 14 Leute mit, sie kommen aus verschiedenen Mosaik-Werkstätten. Die Proben finden wie immer im Charlottchen statt. Dort gibt es eine kleine Bühne in einem Raum, der bis zu 80 Menschen fassen kann.
Derzeit wird das neue Stück „Der eingebildete Kranke“ geprobt. „Wir improvisieren viel“, erzählt Panknin, „dann erst entsteht der Text in leichter Sprache, und wir wiederholen das immer wieder.“ Premiere soll im Oktober sein. Ein Ausschnitt aus der Inszenierung wird schon auf der Jubiläumsfeier zum Besten gegeben.
„Damit ein Lebenstraum erfüllt“
Auf die Party freut sich sicherlich auch Kerstin Hallensleben, die vor 25 Jahren als Werkstattbeschäftigte bei Mosaik angefangen hat. „Nur ein paar Jahre später erhielt ich als Küchenkraft eine tarifliche Anstellung“, erzählt sie. „Das mache ich bis heute. Für mich hat sich damit ein Lebenstraum erfüllt. Hier habe ich die Chance bekommen, mir und meinem Umfeld zu beweisen, dass ich selbständig sein kann.“
Zum Schluss ein Blick in die Zukunft: Im Mai kommen zwei Gäste aus Österreich nach Berlin, um auf Zeit im Charlottchen zu arbeiten, erzählt Beate Baumgärtner. „Sie arbeiten in Graz in einem integrativen Restaurant.“
Ein innovativer Versuch einer länderübergreifenden Kooperation. Vielleicht, so die Idee, können dann demnächst Berliner:innen in Graz vorbeischauen und ihrerseits neue Erfahrungen sammeln.
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