Andrea Petkovic bei den French Open: Fit wie ein Tier, reif für den Titel
Andrea Petkovic kann gegen Maria Scharapowa das Halbfinale der French Open erreichen. Als erste Deutsche seit Jahren stieße sie dann in die Top 10 vor.
PARIS taz | Um die Mittagszeit war sie wieder am Werk, Training auf Platz 18 beim beliebten Spiel eine gegen zwei. Andrea Petkovic wirkte hochkonzentriert, blickte nicht nach rechts und nicht nach links und knallte die Bälle ins Feld.
Es war die Ration Arbeit nach dem Sieg gegen Maria Kirilenko in der vierten Runde der French Open und vor dem Spiel im Viertelfinale gegen eine andere, weitaus bekanntere Russin, Maria Scharapowa. Das am Mittwoch um 14 Uhr natürlich nicht auf Platz 18, sondern auf dem Court Central, stattfinden wird, mitten im Geschehen und mitten im Blickpunkt einer bemerkenswerten Entwicklung.
Vor vier Monaten bei den Australian Open spielten die beiden zum ersten Mal in diesem Jahr gegeneinander, Petkovic gewann, und das war mehr als nur ein kleiner Schritt auf der großen Bühne. Scharapowa, so Petkovic, habe wahrscheinlich schon mit 14 daran geglaubt, gegen alle gewinnen zu können, sie selbst habe sich diesen Glauben im Laufe der Jahre hart erarbeiten müssen.
Umso wichtiger war, was Ende Januar in Melbourne passierte und welche Wirkung der Sieg gegen die ehemalige Nummer eins und dreimalige Grand-Slam-Siegerin hatte, das sah und hörte man, als sie noch auf dem Spielfeld die selbstbewusste Ansage machte: "Ich will mich mit den großen Siegerinnen messen, ich will eine von ihnen sein."
Grandioser erster Satz gegen Scharapowa
Die zweite Stufe der Umlaufbahn erreichte sie Ende März in Miami. Nachdem sie ein paar Tage zuvor gegen die aktuelle Nummer eins des Frauentennis, Caroline Wozniacki, gewonnen hatte, spielte sie im Halbfinale einen grandiosen ersten Satz gegen Scharapowa, ehe ihr am Ende die Luft ausging. Es war keine Frage fehlender Kondition.
Alexander Waske, in dessen Akademie Petkovic in Offenbach trainiert, sagt in seiner bekannt deutlichen Art, sie sei fit wie ein Tier. Petkovic selbst ist überzeugt davon, jederzeit wie die Männer fünf Sätze gehen zu können. Im Gegensatz zu Scharapowa übrigens, die einst zu diesem Thema gesagt hatte: Nur mit einem Rettungswagen in der Nähe.
Seit Miami musste Petkovic lernen, auf einmal im Rampenlicht zu stehen, aber diese Dinge hat sie nach ein paar Wochen mit weniger Tempo und reduzierter Öffentlichkeitsarbeit inzwischen auch im Griff. Nach dem Sieg gegen Kirilenko beantwortete sie gewohnt locker und eloquent alle Fragen im englischen und deutschen Teil der Pressekonferenz und fand danach auch für diverse Radio- und Fernsehstationen die richtigen Worte.
Dazu gehörte ein bemerkenswerter Kommentar zu Maria Scharapowa: "Ich habe eine Menge Respekt vor ihr. Ich bewundere sie nicht nur als Spielerin, sondern auch als Athletin und überhaupt, wie sie alles im Griff hat. Sie repräsentiert das Frauentennis auf eine tolle Art." Und später fügte sie hinzu: "Das ist sicher gut für ihr Bankkonto, aber wir haben alle was davon."
Zum ersten Mal in einem Grand-Slam-Viertelfinale
Heut nun spielt Petkovic zum ersten Mal im Viertelfinale eines Grand-Slam-Turniers, und sollte sie die Partie gegen Scharapowa gewinnen, stünde sie aller Voraussicht nach in der neuen Weltrangliste in der nächsten Woche zum ersten Mal unter den besten zehn. Als erste deutsche Spielerin seit Anke Huber im Sommer vor elf Jahren.
Es ist erstaunlich, wie sich die Dinge innerhalb weniger als einem Jahr entwickelt haben, mindestens ebenso erstaunlich ist aber die Selbstverständlichkeit, mit der sie die Entwicklung und die Zwischenstation Viertelfinale in Paris sieht. "Es ist nicht so, dass ich das erwartet habe", sagt sie, "aber so richtig überrascht bin ich nicht, denn ich hab in diesem Jahr gezeigt, dass ich hierher gehöre und gegen alle gewinnen kann."
Die Zeiten sind vorbei, in denen die 23-Jährige vor einem wichtigen Spiel so nervös war, dass sie sich manchmal selbst nicht mehr erkannte. Inzwischen genießt sie die Herausforderung, und die Aussicht, gegen Maria Scharapowa um einen Platz im Halbfinale zu spielen, wird nicht zu einem Nervenzusammenbruch führen.
Auf die Frage, ob sogar der Titel möglich sein könnte, meint Barbara Rittner, die Chefin des deutschen Fed-Cup-Teams: "Ich fürchte, es ist möglich." Der Hauch von Furcht bezieht sich auf die Einschätzung, dass die Dinge vielleicht zu schnell passieren könnten, aber bis jetzt gibt es keine Hinweise darauf, dass Andrea Petkovic von ihrem eigenen Tempo überfordert wäre.
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