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Andre Gorz / Arbeitsmarktökonomie

Die Idee ist simpel: Wenn die Arbeit auszugehen droht, muß die noch verhandene Arbeit anders verteilt werden. Doch damit beginnt das eigentliche Problem: Wie werden die Früchte der Produktivitätssteigerungen und des Wirtschaftswachstums so verteilt, daß Arbeitszeitverkürzung, zusätzliche Arbeitsplätze und Lohn- und Gehaltsanpassungen gleichermaßen stattfinden? Solche und andere Sinnfragen am Ende der Arbeitsgesellschaft hat der französische Sozialphilosoph und Sartre-Schüler André Gorz mehrfach gestellt, und zwar mit solcher Vehemenz, daß seine Gedanken überall mit großem Widerhall und Kritik aufgenommen wurden. Für Gorz scheint die Marxsche Utopie von der „Beseitigung der Arbeit“ zugunsten von Formen der Tätigkeit, in denen sich die Personen frei entfalten können, der einzig mögliche Sinn der Geschichte zu sein. Daß dieser Sinn entzaubert ist, weil er keine Klassenbasis, keine Notwendigkeit mehr hat, legt Gorz sehr deutlich in seinen beiden Büchern „Abschied vom Proletariat“ und „Wege ins Paradies“ dar. „Die eigentliche Moderne“, so Gorz nach dem Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus, „nämlich das Bewußtsein, daß das Schicksal der Menschheit in der Schwebe ganz von uns abhängt, beginnt erst jetzt.“

In seinem Grundlagenwerk „Kritik der ökonomischen Vernunft“ rechnet Gorz mit der Arbeitsgesellschaft ab, deren Dominanz seines Erachtens zu Ende gegangen ist. Folglich liegen die Emanzipationspotentiale auch nicht mehr in der Enteignung des Kapitals oder in der Abschaffung des Marktes als dem Prinzip ökonomischer Regulierung, sondern in der Zurückdrängung des von ökonomischer Rationalität beherrschten Sektors der Erwerbsarbeit. Erst jenseits der Erwerbsarbeit beginnt das Reich der Freiheit mit selbstbestimmten Tätigkeiten „um ihrer selbst willen“. Die Linke muß mit der Tatsache zurechtkommen, daß das, was die klassische Ökonomie einen Mangel an Arbeitsplätzen nennt, kein Fluch ist, sondern die pervertierte Form eines möglichen Segens. „Volle Betätigung“, nicht „volle Beschäftigung“ steht auf der Tagesordnung. „Solange wir das nicht anerkennen und diese sterbende Gesellschaft am Leben halten wollen, statt sie umzubauen“, prophezeite Gorz in einem taz-Interview (10.3.94), „erleben wir den Umbruch als Krise und bleiben in ihr stecken.“ es

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