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André Brie über Wahlkampf in Meck-Pomm"Die anderen weichen uns aus"

André Brie, Wahlkampfmanager der Linkspartei, beklagt den langweiligen Wahlkampf in Mecklenburg-Vorpommern. Die Chancen für ein rot-rotes Bündnis sieht er gedämpft.

Bleiben liegen: Wahlkampfflyer der Linkspartei. Bild: dapd
Stefan Reinecke
Interview von Stefan Reinecke

taz: Herr Brie, die SPD wirft der Linkspartei in Schwerin vor, soziale Wohltaten auf Pump zu versprechen. Ist da was dran?

André Brie: Nein, das ist Unsinn. Dass Mecklenburg-Vorpommern keine neuen Schulden macht, ist maßgeblich ein Verdienst der rot-roten Regierung, die bis 2006 den Haushalt konsolidiert hat. Und unsere aktuellen Forderungen sind doch bescheiden.

Sie wollen einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor, ein kostenloses Mittagessen an den Schulen und 1.250 neue Lehrer bis 2016. Wer soll das bezahlen?

Bild: imago/Enters
Im Interview: 

ANDRÉ BRIE, 61, war von 1999 bis 2009 Abgeordneter im Europäischen Parlament. Er ist Wahlkampfmanager der Linkspartei in Schwerin und wird im nächsten Landtag sitzen.

Das kostenlose Mittagessen für Schulen und Kitas kostet das Land weniger als 10 Millionen Euro im Jahr. Teuer ist - das stimmt - die Neuanstellung von Lehrern. Aber es gibt in Mecklenburg-Vorpommern 16,8 Prozent Schulabbrecher, im Bundesschnitt sind es 3,5. Um das zu ändern, brauchen wir mehr Lehrer.

Wer bezahlt das?

Wenn wir aufhören, sinnlose Prestigeprojekte wie Flughäfen und Skihallen auf dem flachen Land zu fördern, werden Gelder frei. Langfristig sparen wir mit der Investion in Lehrer. Die Schulabbrecher werden ja oft Empfänger von Transfergeldern.

Der Wahlkampf ist ziemlich gemütlich …

… ja, er ist langweilig. Es gibt kaum Zuspitzungen.

Sie sind Wahlkampfmanager der größten Oppositionspartei. Warum spitzen Sie nicht zu?

Na, alleine schafft man das nicht. Man kann keine Konfrontation aufbauen, wenn die anderen ausweichen.

Die Arbeitslosigkeit ist seit 2007 um ein Drittel gesunken, es gibt mehr Ausbildungsplätze als Jugendliche, beides wegen der Demografie. Ist der Wahlkampf deshalb so lahm?

Nein. Die soziale Lage ist auch nicht rosig. Es gibt zwar weniger Arbeitslose, aber dafür mehr prekäre Jobs. Das Grundproblem ist: 75 Prozent der unter 25-Jährigen arbeiten hier im Niedriglohnsektor, insgesamt sind es 40 Prozent aller Beschäftigten. Das ist nicht nur sozial, sondern auch ökonomisch ein Problem. Es gibt hier wenig Exportindustrie, dafür viel klein- und mittelständische Unternehmer, die von der Binnennachfrage leben. Und die Kaufkraft ist, weil die Löhne so niedrig sind, bescheiden. Der Mindestlohn ist die einzige echte Kontroverse im Wahlkampf. Linke und SPD wollen ihn, CDU und FDP nicht.

In rot-roten Regierungen wirkt die Linkspartei oft sehr brav und wie ein Anhängsel der SPD. Sehen Sie diese Gefahr?

Ja, das ist ein Problem. Die Grünen haben in rot-grünen Bündnissen eine klare Rolle als der ökologische Part. Linkspartei und SPD sind hingegen Stiefgeschwister. Da ist die Unterscheidbarkeit schwieriger. Natürlich müssen wir in der Regierung beides tun: verlässlicher Partner sein und ein eigenes Profil haben. Das ist in Berlin vor 2006 schlechter, danach besser gelungen.

Und was unterscheidet die Linkspartei in Mecklenburg-Vorpommern von der SPD?

Unser ökologisches Profil. Die SPD war für das Steinkohlekraftwerk in Lubmin, wir waren dagegen. Antikapitalismus und Kapitalismuskritik nutzen hingegen auf Landesebene nicht viel. Wir müssen uns anders abheben: durch Bürgernähe, Transparenz, Bescheidenheit, soziales Engagement.

Die Linkspartei will in Schwerin regieren. Wäre Opposition nicht einfacher?

Münteferings Satz "Opposition ist Mist" stimmt für uns als Partei überhaupt nicht. In der Opposition können wir viel leichter Wähler ansprechen. Aber wir wollen etwas für das Land erreichen.

Die SPD-Führung schließt Rot-Rot nicht aus, ist aber wenig begeistert davon.

Ja, in der SPD wollen starke Kräfte die bequeme Koalition mit der CDU fortsetzen. Aber die SPD hat ein sehr linkes Wahlprogramm, das sie mit der CDU nicht umsetzen kann. Mecklenburg-Vorpommern hat als Niedriglohnland keine Zukunft. Das wissen auch Teile der Unternehmer. Und das wird nur Rot-Rot ändern.

Wie stehen die Chancen für Rot-Rot?

40:60.

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3 Kommentare

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  • K
    kantig

    Warum wird einem IM ("Peter Scholz") der schlimmsten Art solch eine mediale Plattform gegeben?

    Eine Partei, welche solche Kandidateen auserwählt, eine solche ist nicht wählbar.

    Wie ist eine (vertrauensvolle) wahrhaftige, ehrliche Zusammenarbeit mit Menschen möglich, für die der Vertrauensbruch eine normale politische Verhaltensweise ist oder die ihn bagatellisieren und zum Kavaliersdelikt verklären?

     

    Für einen klugen, engagierten, wissenden, die DDR-Realität wahrnehmenden Bürger (wie Andreas Brie sich selbstdarstellt) war eine MITARBEIT mit dem MfS - eine FREI- und WILLIGE - mit DEM Repressionsorgan der SED fast nicht denkbar. Spätestens jedoch mit der Auftragserteilung war jeden IM bewusst, er dient nicht der DDR-Sicherheit und schon gar nicht der notwendigen Demokratisierung der DDR, sondern er ist ein Teil des REPRESSIONSAPPARATS gegen jeden (!) AndersDENKENDEN!

     

    Andreas Brie: Die Verratenen warten noch HEUTE auf eine Erklärung und Entschuldigung!

  • B
    broxx

    Ich hoffe auf eine Wahlniederlage dieser Diktatoren grüßende faschistischen Partei. Und das die Wähler endlich mal aufwachen!

  • R
    reblek

    Münteferings Satz "Opposition ist Mist" stimmt für uns als Partei überhaupt nicht. - Müntefering weiß gar nicht, was Opposition ist bzw. sein könnte und müsste. Regieren kann jeder Knallkopf, wie nicht nur die Geschichte, sondern auch die Gegenwart zeigt. Aber die Opposition ist das Ferment der Demokratie. Wenn sie fehlt, steht eine Gesellschaft still. Die SPD hat nicht nur in der Regierung versagt, sondern auch als Nicht-Opposition. Und sie hört damit nicht auf, weil sie nichts anderes ist als eine politische Gewerkschaft: Verbesserung des Lebenstandards der Menschen. Welches politische Projekt hat die SPD nach der Ostpolitik von Brandt-Bahr zu bieten gehabt? Kein einziges. Ach ja, doch: Schröders "Ich will da rein!" Und zwar, um bei Gazprom absahnen zu können. Charakterlosigkeit pur.