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Andere Herrschaftsrechte!

■ betr.: „Kläger gesucht“ (Öko lumne), taz vom 24./25. 2. 96

Von KPKs Kommentar komme ich mir veralbert vor. Wider die Glaubwürdigkeitskrise der Wirtschaftsmanager empfiehlt er: „Arbeiter der Faust und Stirn! Zerrt sie alle vor den Richter, und greift ihnen in den Beutel!“

Dieser Vorschlag ist naiv und ärgerlich, denn egal ob einzelne Manager von einem Gericht gestoppt oder, wie im Fall Shell, durch öffentlichen Druck zum Einlenken gezwungen werden, die Korrekturen greifen selten und in jedem Fall zu spät. Aus KPKs Vorschlag folgt, daß die Betroffenen der Managerentscheidungen weiter zuwarten sollen, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist, um dann im Nachtrab zu agieren.

Statt solchermaßen die Unmündigkeit der Betroffenen fortschreiben zu helfen, stellt sich in Wahrheit die Frage nach der längst überfälligen Neuverteilung der Herrschaftsrechte in der Wirtschaft. Es ist ein Anachronismus, daß im Wirtschaftssektor letztlich immer noch eine Mehrheit der Aktienpakete das Sagen hat. Am Wirtschaften beteiligt und von den Ergebnissen betroffen sind neben den Kapitalgebern genausogut die Arbeitnehmer und die Gesellschaft. Alle drei gehören gleichberechtigt in den Entscheidungsprozeß eingebunden, eine Wiederbesinnung auf die Mitbestimmungsdiskussion nach dem Krieg könnte hier nicht schaden.

Die überfällige Schaffung einer Wirtschaftsdemokratie muß nicht im Widerspruch zur Marktwirtschaft stehen. Eine soziale und ökologische Gestaltung der Marktwirtschaft ist allerdings ohne Wirtschaftsdemokratie nicht vorstellbar. Relevante Gruppen blieben vom Innovationsdiskurs letztlich unberührt, weil von den Entscheidungen ausgeklammert. Reformpolitik, die dieser simplen Erkenntnis aus dem Weg zu gehen versucht, amputiert sich selbst. Kristan Kossack, Minden

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