Analyse: Verbrannte Erde
■ Die Tragödie im Kosovo dauert an. Berichten kann kaum noch jemand
Die ausländischen Medien berichteten jetzt „objektiv“ über den Kosovo, erklärte das serbische Informationsministerium. Der Druck des Ministeriums auf die ausländischen Medien und die kritische serbische Presse hat Erfolg gehabt. Das Interesse an dem Konflikt ist nach der „Beschränkung der Pressefreiheit in Serbien“ (Freimut Duve) gesunken. Da nun auch die serbische Presse mit dem Argument der „antiserbischen Propaganda“ unter Druck gesetzt wird, können die Propagandisten in Belgrad erst einmal aufatmen. Die in der Weltöffentichkeit erhobene Forderung, dem Treiben der serbischen Truppen im Kosovo ein Ende zu bereiten, ist leise geworden.
Die Serben können ihrer Offensive und die Strategie der verbrannten Erde fortsetzen. Jeden Tag gehen albanische Dörfer in Flammen auf. Nicht mehr, um die albanische Befreiungsarmee UCK zu schlagen, wie behauptet wird, sondern um die Zivilbevölkerung zu treffen. Die internationale Sprachregelung, es handele sich dabei um „Kämpfe“, ist irreführend. Der Beschuß der Dörfer und der Flüchtlinge mit Artillerie ist eine sehr einseitige Angelegenheit.
In diesen Tagen werden die früher unterschätzten Forderungen des serbischen Vizepräsidenten Seselj, die Albaner müßten aus dem Kosovo vertrieben werden, schon in vielen Landstrichen verwirklicht. Wenn längst verlassene Dörfer und Städte abgefackelt werden, kristallisiert sich dieses Ziel heraus. Die Bewohner sollen nicht mehr zurückkommen können. Das war auch die Botschaft der serbischen Extremisten in Bosnien.
Die internationalen Institutionen haben Jugoslawiens Präsident Slobodan Milošević für sein Treiben grünes Licht gegeben. Die Niederlage der UCK war von den wichtigsten Mächten der Welt gewollt. Und da die Grenzen abgesperrt sind, können die jetzt mehr als 200.000 Flüchtenden nicht ins Ausland fliehen, sondern müssen sich in Wäldern verstecken, wohin Beobachter und Journalisten nicht mehr fahren dürfen. Die menschliche Tragödie wird in ihrem Ausmaß weitgehend nicht erkannt und braucht deshalb auch nicht thematisiert zu werden.
Der Gedanke liegt nahe, daß die Angst vor Flüchtlingen hierzulande das Desinteresse am Schicksal der Menschen dort mitbegründet. Die Diskussion über ein UN-Mandat für ein militärisches Eingreifen, die Entscheidung also, den Menschen im Kosovo zu helfen, wird zudem an die Gremien eines maroden russischen Staates delegiert, dessen angeschlagene Führung mit ihrem Veto die UNO aktionsunfähig macht. Wer das Placet der UNO für eine militärische Aktion fordert, muß dies erkennen. Hunderttausende hoffen trotzdem noch auf ihre einzige Chance: Hilfe von außen. Erich Rathfelder
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