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AnalyseDer hilflose Staat

■ Neoliberaler Wirtschaftskurs verhindert Hilfe für Hurrikan-Opfer

Wo ist der Staat?“ fragt El Heraldo, die rechteste aller Hauptstadtzeitungen in Honduras. Bisher konnte der Zeitung der Staat nicht schlank genug sein. Jetzt beginnt man darüber nachzudenken, warum der Hurrikan „Mitch“ so verheerend zuschlug und warum noch immer Hundertausende von Menschen von den Lebensmittelspenden abgeschnitten sind und hungern. El Heraldo gibt die Antwort: Die neoliberale Wirtschaftspolitik hat den Staat zu schlank gemacht.

In Honduras wie in Nicaragua und El Salvador besitzen die Notstandsgremien keine eigene Infrastruktur. Als „Mitch“ über Tegucigalpa hereinbrach, schickte man Gemeindeangestellte und Stadtpolizisten mit Taschenlampen in die Armenviertel. Mehr als ein Dutzend dieser Helfer werden vermißt. Nach der Katastrophe war Tegucigalpa von der Außenwelt abgeschnitten. Die Regierung hatte keine Mittel, um zugeschüttete Straßen freizuräumen. Denn der staatliche Bauhof mit seinen Baggern und Planierraupen war Anfang der neunziger Jahre von Präsident Callejas zu einem Schleuderpreis an eine befreundete Firma verkauft worden. Die will jetzt erst einmal Geld sehen, bevor sie ausrückt.

Wie neoliberale Politik und Korruption die Katastrophe verstärkten, zeigt das Brückendesaster. 169 davon wurden weggespült. Die meisten von ihnen waren erst ein paar Jahre alt. Ein ehemals staatliches Zementwerk war privatisiert wurde. Der Rentenfonds der Militärs, einer der größten Mischkonzerne des Landes, bezahlte dafür nur ein Viertel des Marktpreises. Brücken, die mit Zement aus diesem Werk errichtet wurden, hat „Mitch“ massenhaft weggespült. Deutlich ältere Bauwerke dagegen hielten den Fluten stand.

Die Militärs haben sich so auf die Wirtschaft konzentriert, daß sie ihr Kriegsgerät vernachlässigten. Zwei ihrer Hunschrauber sind wegen technischer Mängel abgestürzt, viele konnten erst gar nicht aufsteigen. Ähnliches gilt für Nicaragua. Dort haben Generäle Kriegsgerät in großem Stil verkauft, um mit dem Gewinn ein neues Leben als Unternehmer zu beginnen. Als es nun darum ging, Flutopfer zu retten, verfügte die Luftwaffe gerade noch über fünf Helikopter. Ziviler Ersatz für Katastrophenfälle war nicht angeschafft worden.

Das Gesundheitswesen wurde schleichend privatisiert, staatliche Kliniken wurden so systematisch ausgehungert, daß Patienten oft private Krankenhäuser aufsuchen. Ärzte der Nationaluniversität von Tegucigalpa beklagen, für kompliziertere medizinische Analysen seien weder Geräte noch Chemikalien vorhanden. Im angeblich bestausgestatteten Krankenhaus von Honduras sei man „auf Seuchen wie Cholera, Typhus, Malaria und Dengue überhaupt nicht eingerichtet“ – von der medizinischen Notlage im Hinterland ganz zu schweigen. Toni Keppeler

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