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AnalyseMontan bestimmt

■ Bundesverfassungsgericht berät über Sinn der Montanmitbestimmung

Einmal montanmitbestimmt – immer montanmitbestimmt“ – nach diesem Motto versuchte der Bundestag 1988 das Ausbluten der besonders fortschrittlichen Mitbestimmung im Stahl- und Bergbaubereich zu verhindern. Gestern nun – also zehn Jahre später – verhandelte das Bundesverfassungsgericht die rechtlichen Bedenken gegen dieses Gesetz. Für die Gewerkschaften ist die Montanmitbestimmung nach wie vor ein „gesellschaftliches Leitbild“, denn nirgendwo sonst ist ihre Macht so groß. Nach dem Zweiten Weltkrieg standen die deutschen Stahl- und Bergbauunternehmen vor der Alternative „Enteignung oder partnerschaftliche Beteiligung der Gewerkschaften“. Sie entschieden sich für letzteres. Seither haben Eigentümer und Gewerkschaften in Montan-Aufsichtsräten gleich viele Sitze, in Pattsituationen entscheidet eine „neutrale Person“. Zweiter Vorteil: Für die Personalpolitik des Unternehmens ist ein Arbeitsdirektor zuständig, der nicht gegen den Willen der Gewerkschaften berufen werden kann.

Nun sind Kohle und Stahl aber stark schrumpfende Branchen, und alle paar Jahre muß der Bundestag per Gesetz sicherstellen, daß es überhaupt noch montanmitbestimmte Konzernzentralen gibt. 1988 wurde deshalb die erforderliche Montanquote von damals 50 Prozent auf 20 Prozent abgesenkt – allerdings nur für Konzerne, die vorher schon montanmitbestimmt waren. Über diese Ungleichbehandlung wird nun in Karlsruhe gestritten. Denn das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte das Gesetz von 1988 für „verfassungswidrig“ gehalten.

Aus Sicht der Kapitaleigner ist die Montanmitbestimmung lästig. Notwendige Umstrukturierungen werden verschleppt, oder die Zustimmung der Gewerkschaften muß teuer erkauft werden. Walter Riester, SPD-Arbeitsminister und Gewerkschafter, lobt dagegen die Konsenskultur der Montanunternehmen: „Der starke Personalabbau wurde hier sehr innovativ und kreativ durchgeführt.“ Heute arbeiten noch rund 300.000 Personen in montanmitbestimmten Unternehmen.

Betroffen vom 1988er Gesetz ist vor allem die Mannesmann AG, die heute fast nur noch als Technologie- und Telekommunikationskonzern tätig ist. Trotzdem gilt für sie die Montanmitbestimmung. Die wirklichen Stahlunternehmen werden dagegen von der Montanmitbestimmung nicht erfaßt. Entweder sind sie zu klein, sie gehören ausländischen Eignern – wie fast die gesamte Stahlbranche Ostdeutschlands –, oder es handelt sich um fusionierte und damit neue Unternehmen wie etwa Thyssen-Krupp. Daher könnte es sein, daß das Verfassungsgericht das Gesetz von 1988 kippen wird. Christian Rath

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