Analyse: Old New Labour
■ Nach Mandelsons Rücktritt herrscht in Tony Blairs Partei offener Krieg
New Labour gibt es nicht mehr. Dies ist die sichere Erkenntnis aus dem Finanzskandal um den britischen Handelsminister und Parteiguru Peter Mandelson, der kurz vor Weihnachten zu seinem Rücktritt und dem seines Gönners und Finanzstaatssekretärs Geoffrey Robinson führte. Der Skandal beweist, daß New Labours Probleme eben doch die von Old Labour sind und nicht die der Konservativen: Ein Labour-Minister mußte sich von einem Kollegen Geld borgen, um sich in London ein schönes Haus zu kaufen, das er sich sonst nicht hätte leisten können. Ein konservativer Minister hätte so etwas nie nötig gehabt.
So ist der erzwungene Rücktritt Mandelsons für Labour eine Katastrophe. Nachdem das Label „New Labour“ einige Jahre für eine Art moralischen Heiligenschein sorgte, steht die Partei Tony Blairs jetzt ziemlich belemmert da. Die Affäre paßt nicht zu einem Premierminister, der einst großspurig ein „New Britain“ für die nächsten tausend Jahre versprach. Er muß nun eine normale quengelnde Regierung führen und sich mit normalen langweiligen Dingen beschäftigen, deren gemeinsamer Nenner darin besteht, daß man vor lauter Visionen nicht das Naheliegende übersehen darf.
Für dieses Szenario spricht zunächst einmal der parteiinterne Bürgerkrieg, der anläßlich des Mandelson-Skandals ausbrach und jetzt erst richtig anfängt. Die Lager von Premierminister Blair und Finanzminister Gordon Brown – die nicht identisch sind mit New und Old Labour, sondern einfach konkurrierende Machtzirkel an der Staatsspitze darstellen – besudeln sich fröhlich und in aller Öffentlichkeit gegenseitig mit Dreck. Wer erzählte denn wohl vor einer Woche dem Guardian von Robinsons geheimem Kredit an Mandelson und provozierte damit den Fall des Blair-Obergurus, wenn nicht wohl gewisse Anhänger Browns – zum Beispiel sein Pressesprecher Charlie Wheelan, der jetzt selbst kurz vor dem Fall steht? Aber wer hat denn jetzt in der britischen Sonntagspresse das Gerücht gestreut, Robinson habe nicht nur Mandelson ausgeholfen, sondern auch Browns Wahlkampfbüro und möglicherweise einige seiner Mitarbeiter finanziert – die neueste und diesmal gegen das Brown-Lager gerichtete Weiterung des Skandals?
Wenn unter allen Ministern nur ein einziger richtig Geld hat, sind Interessenkonflikte, Rivalitäten und schmutzige Kampagnen eben vorprogrammiert. Schneller, als er es sich in seinen kühnsten Alpträumen je hätte vorstellen können, droht Tony Blair das Schicksal seines Vorgängers John Major, jener traurige Inbegriff des Herumwurstelers in den auf dem eigenen Mist gewachsenen Problemen, dessen eigentlich gute Anfangsideen für immer hinter dem Horizont der täglichen Überforderung verschwinden. Dominic Johnson
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen