Analyse: Nur ein erster Schritt
■ Seit gestern gilt die Konvention zum Verbot von Anti-Personen-Minen
Die Supermacht, das sind wir“, erklärte Jody Williams selbstbewußt, als am 3. Dezember 1997 in Ottawa über hundert Staaten die Konvention zum Verbot von Anti-Personen-Minen verabschiedeten – gegen erheblichen Widerstand der einzig verbliebenen Weltmacht USA. Die Leiterin der kurz darauf mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten „Internationalen Kampagne für das Verbot von Landminen“ hatte allen Grund zum Selbstbewußtsein. Ohne das Engagement der Kampagne von rund 1.000 Basisinitiativen aus über 60 Ländern sowie des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) gäbe es die Konvention bis heute nicht.
Gestern, nach Unterzeichnung durch 134 und Ratifizierung durch 64 der 186 UNO-Staaten, trat die Konvention in Kraft. „Der Mut der kleinen Leute siegte über die Waffe der Feiglinge“, würdigte die Libération diesen in der Rüstungskontroll- und Abrüstungsgeschichte einmaligen Erfolg. Doch ist dieser Sieg nur der erste Schritt. Der Wert der Konvention wird sich an ihrer Umsetzung in den nächsten Jahren erweisen. Noch werden täglich rund 70 Menschen durch explodierende Minen verstümmelt oder getötet – darunter 90 Prozent Zivilisten. Noch verweigern wichtige Staaten die Unterzeichnung und Ratifizierung der Konvention – darunter die drei ständigen Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates, USA, Rußland und China. Und noch haben auch Unterzeichnerstaaten ihre Politik nicht in Übereinstimmung gebracht mit der Konvention – wie die Bundesrepublik Deutschland.
Die christlich-liberale Koalition hatte 1998 noch fast 100 Millionen Mark für neue Landminen ausgegeben – darunter für die von DaimlerChrysler entwickelte Parm 1. Doch diese High-Tech-Mine kann nicht zuverlässig einen Panzer von einem Flüchtlingsbus unterscheiden. Die Hardthöhe hatte in der mittelfristigen Finanzplanung weitere 320,9 Millionen Mark für neue Landminen vorgesehen.
Ob die rot-grüne Regierung all diese Projekte endgültig einstellt, statt dessen die Haushaltsmittel für zivile Minenräumung (1999 karge 18 Millionen Mark) vervielfacht und damit ihre Verpflichtung zum weltweiten Verbot von Landminen aus der Koalitionsvereinbarung einhält, ist noch offen. Entsprechende Forderungen, unterschrieben von über 45.000 BundesbürgerInnen, übergab die Kampagne „Keine Mark für neue Minen“ letzte Woche an den grünen Staatsminister im Auswärtigen Amt, Ludger Volmer. Strittig zwischen Kampagne und Hardthöhe ist die Einordnung sogenannter Submunitionen, die nach Auffassung der Hersteller keine Landminen sind, von internationalen Hilfsorganisationen und Militärs wegen ihres Einsatzzweckes und ihrer Wirkungsweise jedoch den Landminen, teilweise sogar den Anti- Personen-Minen zugeordnet werden. Andreas Zumach
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