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AnalyseKlagen werden keinen Erfolg haben

Freiburg (taz) – Eine „Klage-Welle“ breche über das Land herein, mutmaßt die Bild-Zeitung in ihrer gestrigen Ausgabe. Und zur Untermauerung zitiert das Blatt trockene juristische Gutachten, die den Eindruck erwecken, die Ökosteuer sei zu allem Ärger über höhere Benzinpreise rechtswidrig.

Verschiedene Verbände wollen Klagen gegen die Ökosteuer anstrengen. Unter den Tisch fällt, dass diese Kritiker weniger die Interessen der Autofahrer, sondern vielmehr die der Wirtschaft vertreten. Teilweise geht es nicht einmal um Benzin, sondern um Strom. Seit dem 1. April vergangenen Jahres steigt nämlich nicht nur der Benzinpreis bis 2003 jährlich um sechs Pfennig. Auch der Strom verteuert sich im gleichen Zeitreaum um zwei Pfennige per anno.

Ausschließlich gegen die Stromsteuer richtet sich eine Verfassungsbeschwerde zweier Mitglieder des Verbandes Deutscher Kühlhäuser. Sie fühlen sich ungleich behandelt. Denn im Gegensatz zum produzierenden Gewerbe profitieren sie nicht von den Ausnahmeregelungen. Der Tiefkühlkosthersteller „Iglo“ etwa zahle für seine Kühlhäuser nur ein Fünftel des normalen Stromsteuersatzes. „Wir müssen den vollen Satz zahlen“, klagt ein Sprecher des Kühlhäuser-Verbandes.

Der Mannheimer Verfassungsrechtler Hans-Wolfgang Arndt ist gegen die Stromsteuer. Sie sei im Grundgesetz nicht vorgesehen und der Staat könne nicht einfach neue Steuern erfinden. Ein Vergleich mit der Mineralölsteuer zeigt, dass diese Argumentation nicht weit trägt. Auch sie ist im Grundgesetz nicht explizit erwähnt, gilt aber als Verbrauchssteuer. Vieles spricht dafür, auch die Stromsteuer als Verbrauchssteuer anzusehen.

Um Mineralöl geht es immerhin bei einer Verfassungsbeschwerde der deutschen Spediteure. Sie fordern eine Befreiung von der Ökosteuer beziehungsweise Ermäßigung für alle Wirtschaftszweige, die im internationalen Wettbewerb stehen. Der Bundesverband Güterkraftverkehr will deshalb das Bundesverfassungsgericht anrufen.

Viel Erfolg wird dieser Gang nicht haben. Das Bundesverfassungsgericht räumt dem Gesetzgeber in wirtschaftspolitischen Fragen einen weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum ein. Im Gesetzgebungsverfahren war eine Ausnahme für Spediteure abgelehnt worden, weil auch ausländische Brummis an deutschen Tankstellen mit der Ökosteuer belastet werden. Dies dürfte als Grund für die Verweigerung einer Ausnahmeregelung ausreichen. Und selbst wenn die Spediteure vor Gericht gewännen: Dem Autofahrer brächte das nichts. Als Privatperson steht er nicht im internationalen Wettbewerb.

Absurd ist der Vorwurf des Bundes deutscher Steuerzahler, Gelder aus der Ökosteuer dürften nicht für die Senkung der Rentenbeiträge ausgegeben werden. Steuereinnahmen können für jeden beliebigen Zweck ausgegeben werden, den der Bundestag für sinnvoll hält. Wenn die Regierungsmehrheit eine solche Kopplung will, mag das politisch hinterfragbar sein. Verfassungswidrig ist das nicht.

Christian Rath

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