An Leukämie erkrankt: Vietnam lässt Diplomaten im Stich
Ein hochrangiger vietnamesischer Diplomat liegt schwer krank in einem Berliner Krankenhaus. Sein Herkunftsland weigert sich, die notwendige medizinische Behandlung zu bezahlen
Pham Toan P. ist Abteilungsleiter in der vietnamesischen Botschaft in Berlin. Derzeit liegt der an akuter Leukämie Erkrankte in einem Vivantes-Krankenhaus, wie Vivantes-Sprecherin Mischa Moriceau der taz bestätigte. Zwei Zyklen Chemotherapie hat P. bereits aus eigener Tasche und durch teilweise Vorleistung der Klinik bezahlt. Doch der Diplomat, der seit mehreren Jahren in Deutschland lebt, benötigt nach Ansicht seiner Ärzte einen dritten Zyklus – und das an diesem Wochenende. Für die Bezahlung will aber niemand aufkommen. „Wir sind mit dem Auswärtigen Amt und der vietnamesischen Botschaft im Gespräch“, so Vivantes-Sprecherin Moriceau. Noch sei der Ausgang aber „ungewiss“ – eine diplomatische Umschreibung dafür, dass die Botschaft abblockt. Auch für die taz war sie nicht erreichbar.
Die Klinik hat nach eigenen Angaben bereits Stiftungen um Geld gebeten. Die waren im Fall eines Diplomaten jedoch nicht zur Spende bereit. Darum hat Vivantes jetzt Mails mit der Bitte um Spenden an Vereine und Privatpersonen gesandt und ist mit der Deutschen Krebshilfe im Gespräch. Auch über vietnamesische Mailverteiler wird um Spenden gebeten. Gebraucht würden 15.000 bis 17.000 Euro, heißt es da. Außerdem wird um 1.000 Euro für ein Flugticket für die Schwester des Patienten gebeten. Sie kommt für eine Knochenmarktransplantation infrage.
Regina Kneiding von der Gesundheitsverwaltung erörtert die Rechtslage: „Der deutsche Staat kommt für Diplomaten grundsätzlich nicht auf. Ihre Krankenbehandlung bezahlt der Entsendestaat oder dortige Versicherungen.“ Thuy Nonnemann, vietnamesische Vertreterin in der Berliner Härtefallkommission, sagt, sie wünsche dem Kranken, dass die Spendenaufrufe Erfolg haben: „Aber der vietnamesische Staat kann sich nicht davor drücken, für die Gesundheit seiner ins Ausland entsandten Vertreter aufzukommen.“
In vietnamesischen Mailverteilern wird das heftig diskutiert. „Ich erlaube mir die Frage, warum der vietnamesische Staat einen seiner verdienten Beamten im Auslandsdienst sterben lassen würde. Oder glaubt er, Deutschland müsse seine Verpflichtung dem Erkrankten gegenüber erfüllen?“, schreibt ein Mann.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau