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„Ampel„-Koalition gegen Schwarz-Braun

Im hessischen Rheingau-Taunus-Kreis haben die „Republikaner“ mit 10,5 Prozent der WählerInnenstimmen die politische Landschaft schlagartig verändert / Gegen die Rechtsradikalen hilft nur noch ein Bündnis zwischen SPD, FDP und den Grünen  ■  Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Frankfurt (taz) - Die etablierten Parteien stehen im Rheingau-Taunus-Kreis mitten in einer historischen Situation: CDU und FDP sind seit dem 12.März nicht mehr in der Lage, die Kreisregierung alleine zu stellen. Doch die Linke kann nicht frohlocken, denn auch für Rot-Grün reicht es nicht zum Regieren. Die Stimmen, die die Grünen gewannen (1,4 Prozent), gaben die Sozialdemokraten ab (1,2 Prozent). Die klassischen Koalitionsmodelle sind deshalb - abgesehen von der allseits ungeliebten großen Koalition - Schnee von gestern.

Zwischen den Weinbergen am Rhein und den Mittelgebirgsregionen Waldems und Hünstetten haben die rechtsradikalen „Republikaner“ am 12.März einen Erdrutschsieg erzielt: 10.307 WählerInnen delegierten bei den Kommunalwahlen die Kandidatinnen und Kandidaten des SS -Mannes Schönhuber in den Kreistag von Bad Schwalbach im Taunus. Mit 10,5 Prozent ließen die REPs selbst die Grünen (8,9 Prozent) hinter sich und wurden zur drittstärksten Kraft in der Region. Die CDU verlor mehr als zehn Prozent der Stimmen - und damit die Macht im Kreistag. Ganze elf Jahre lang hatten CDU und FDP den Rheingau-Taunus-Kreis regiert. Beide Parteien kamen am 12.März zusammen nur noch auf 37,7 Prozent (FDP 5,4 Prozent).

Mehr noch als im Wetteraukreis ist im Rheingau-Taunus-Kreis deutlich geworden, wer im rechtsradikalen Lager das Sagen hat. Die neben den siegreichen „Republikanern“ angetretene NPD kam kreisweit nur auf 1,6 Prozent der Wählerstimmen. Und die Einzelergebnisse für die „Republikaner“ haben Bestürzung ausgelöst: So kamen die Rechtsradikalen in Aarbergen -Kettenbach auf 26,6 Prozent der Stimmen. In Aarbergen hätten die REPs gezielt Stimmung gegen die ausländischen ArbeitnehmerInnen in der „Passavant„-Gießerei gemacht. Doch auch in den ländlich strukturierten Gemeinden des Kreises, vor allem im weinseligen Rheingau, in dem die Ausländer vornehmlich Touristen aus den Vereinigten Staaten, Japan und den Niederlanden sind, sahnten die „Republikaner“ volksparteimäßig ab. In Naurod kamen die Rechtsradikalen gar auf 40 Prozent der Stimmen. Dort griffen die REPs die Ressentiments in der deutschen Bevölkerung gegen die in Naurod untergebrachten AsylbewerberInnen auf. Den „Asylanten“ werde doch „der Zucker in den Arsch geblasen“, meint ein Rentner in Naurod aufgebracht. Und eine adrett gekleidete Frau erklärt eifrig, daß die Polen „mit dem Mercedes anreisen und dann um Asyl betteln“ würden: „Das sind doch alles Scheinasylanten.“

Die „Republikaner“ wuchern mit ihrem Pfund. Um die bisherigen Kreis-Koalitionspartner CDU und FDP so richtig in die Bredouille zu bringen, bot der Kreisverband der REPs den Regierungsparteien von gestern die Tolerierung an. Und die CDU hat auch schon nach diesem „Köder“ geschnappt. Dr.Nikolaus, Vorsitzender der alten Kreistagsfraktion der Union, kann sich ein solches Bündnis „gut vorstellen“. Und die forschen Jungs von der JU im Kreis sattelten noch drauf: Peter Beuth, ihr frischgebackener Vorsitzender, erklärte auf der Delegiertenversammlung seiner Organisation, daß eine solche Konstellation - schwarz-gelbe Kolition unter Tolerierung der REPs - „geradezu angestrebt“ werden müsse. Die „Republikaner“ im Rheingau-Taunus-Kreis seien nämlich „alles andere als Rechtsradikale“. Sie seien „nur von den Medien als Faschisten verteufelt“ worden, mit dem Ziel, das bürgerliche Lager „auf absehbare Zeit nicht mehr mehrheitsfähig werden zu lassen“. Beuth forderte die JU -Mitglieder im neuen Kreistag auf, ihren ganzen Einfluß geltend zu machen, damit die Fraktion auf das Angebot der „Republikaner“ eingehe.

Doch bei der CDU sind die Meinungen durchaus (noch) geteilt. Der Kreisvorsitzende der Union hat sich klar gegen jedes Bündnis mit den „Republikanern“ ausgesprochen. Und die FDP hat vor und nach der Kommunalwahl klar und deutlich erklärt, daß sie niemals mit den REPs liieren würde. Gegenüber der taz bestätigte der FDP-Vorsitzende Dr.Herbert Hirschler am Dienstag, daß die Partei weiterhin „jede Zusammenarbeit“ ablehnen würde. Auch die große Koalition ist für die FDP „selbstverständlich kein Thema“, denn da wären die Freien Demokraten außen vor und die politischen Ränder würden „weiter gestärkt“ werden.

Die Partei des Dr.Hirschler setzt auf die neue politische Konstellation, die letztlich als Denkmodell übrig bleibt: die „Ampel„-Koalition aus SPD, FDP und Grünen unter einem sozialdemokratischen Landrat. Und genau das wollen auch die Sozialdemokraten und die Grünen. Doch die rot-gelb-grüne Allianz gegen den politischen Einfluß der „Republikaner“ im Kreistag ist auch fast zwei Wochen nach den Kommunalwahlen noch immer ein reines Denkmodell. Zwar gab es „erste Gespräche“ zwischen SPD und Grünen und zwischen Grünen und der FDP, doch die politischen Altlasten aus der vergangenen Legislaturperiode blockieren den Einigungsprozeß.

Da hat die FDP vor vier Jahren einen hauptamtlichen Beigeordneten der CDU mitgewählt - „und der hat sich als erstklassiger Mann erwiesen“ (Hirschler). Und den könne man doch nicht jetzt „so mir nichts dir nichts“ wieder abwählen. Außerdem stellt die FDP noch immer den Ersten Kreisbeigeordneten, der Stellvertreter des Landrates ist. Doch dieses Amt beanspruchen die Grünen für sich. Die Grünen wollen die Abwahl der Dezernenten der alten CDU/FDP -Koalition zur „Nagelprobe“ für die „Ampel„-Koalition machen, damit der Neuanfang auch personell dokumentiert werden könne, wie Norbert Wolter von den Grünen in Bad Schwalbach erklärte. Sowohl bei den Grünen als auch bei der SPD gebe es einen „klaren Beschluß“ für die „Ampel„ -Koalition, „und nur die FDP ziert sich noch“, meinte auch die Sprecherin der grünen Kreistagsfraktion, Ingrid Reichbauer.

Die FDP will dagegen zunächst die Sachverhandlungen über die politische Bühne bringen. „Wenn das Programm der 'Ampel‘ -Koalition von uns mitgetragen werden kann, lassen wir auch über Personen mit uns reden“, meinte Dr.Hirschler. Als „Personalproblem“ steht auch der SPD-Kandidat für das Amt des Landrates, Klaus Frietsch, „ungelöst“ im Raum. Vor der Wahl hatten diverse FDP-Abgeordnete den Kandidaten Frietsch für „nicht wählbar“ erklärt. Bis zum 24.April - dem Tag der konstituierenden Kreistagssitzung - müssen die drei Parteien zu Potte gekommen sein, denn dann stehen die Abwahlanträge gegen die alten Dezernenten und gegen den CDU-Landrat auf der Tagesordnung. „Das wird dann der Tag der Entscheidung sein“, so Norbert Wolter.

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