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Amnesty International kritisiert IranNeun Jahre alt? Todesstrafe möglich

Im Iran gilt die Todesstrafe auch für Jugendliche: Mädchen dürfen ab neun Jahren, Jungen ab 15 Jahren hingerichtet werden. Dutzende Fälle sind dokumentiert.

Während er durch Europa tourt, droht Jugendlichen in seiner Heimat die Todesstrafe: Hassan Ruhani. Foto: reuters

London dpa | Während Irans Präsident Hassan Ruhani derzeit durch Europa tourt, hat Amnesty International dem Iran eine „schändliche Missachtung von Kinderrechten“ vorgeworfen.

Straftätern droht im Iran Amnesty International zufolge weiterhin die Todesstrafe, selbst wenn sie nach westlichem Recht jugendlich sind. Gesetze erlaubten weiterhin die Hinrichtung von Mädchen ab neun Jahren und Jungen ab 15 Jahren, beklagte die Menschenrechtsorganisation am Dienstag.

Zwischen 2005 und 2015 seien 73 junge Menschen hingerichtet worden, die zum Zeitpunkt ihrer Straftat keine 18 Jahre alt gewesen seien. Darunter seien mindestens vier im Jahre 2015. Die meisten Hinrichtungen gebe es wegen Mordes, Vergewaltigung, Rauschgiftdelikten sowie Feindschaft gegen Gott.

Reformen im Jugendstrafrecht seien unzureichend und legten offen, dass der Iran sich seinen Verpflichtungen entziehe, heißt es bei Amnesty. Das Land habe die UN-Kinderrechtskonvention 1991 unterzeichnet und 1994 ratifiziert, die Todesstrafe und lebenslange Freiheitsstrafe ohne Möglichkeit der Haftentlassung für Minderjährige verbietet. Die Konventionen würden aber nicht bei Delikten angewendet, für die die Scharia Strafen festlege.

„Der Bericht zeichnet ein zutiefst deprimierendes Bild von jugendlichen Straftätern, die in der Todeszelle schmachten, denen wertvolle Jahre ihres Lebens geraubt werden – oft, nachdem sie auf Grundlage unfairer Prozesse zum Tode verurteilt wurden, darunter solche, die auf durch Folter und Misshandlung erzwungenen Geständnissen beruhen“, kommentierte Said Boumedouha, der bei Amnesty das Nahost- und Afrikaprogramm leitet. Nach den Reformen von 2013 würden sogar zunehmend junge Straftäter erneut vor Gericht gebracht, nachträglich für „geistig erwachsen“ erklärt und zum Tode verurteilt.

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5 Kommentare

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  • Auf S. 22/23 heißt es:

    "The use of puberty as the determining factor for criminal responsibility results from traditional rulings in Islamic jurisprudence that identify puberty as the age at which religious practices such as praying and fasting become mandatory. Over the past decade, some Islamic jurists and scholars have challenged the use of puberty as a decisive age in the sphere of criminal law, noting that “mental maturity” must be the criterion for sentencing.22 However, the dominant view in Islamic jurisprudence is that adult maturity is attained upon puberty, which is typically judged to start at nine lunar years for girls and 15 lunar years for boys."

     

    Da das Alter nach Mondjahren berechnet wird, die im Unterschied zum Gregorianischen (Sonnen-)Kalender nur aus 354 bzw. 355 Tagen bestehen, sind diese Jugendlichen sogar noch ein bisschen jünger als 9 bzw. 15 Jahre.

  • 6G
    6028 (Profil gelöscht)

    Die staatliche Tötung - insbesondere junger Menschen - gehört zum Schlimmsten, woran ich denken kann. Aber leider steht im Artikel nichts, was nicht bereits in der Überschrift steht, bzw. was man nicht bereits wusste. Gerade bei einem Staat wie dem Iran - insbesondere in der jetzigen Situation - müsste man doch mehr Informationen zur Verfügung stellen. Wieso werden Mädchen deutlich früher für Strafen 'volljährig' als Jungs? Ist das sexistisch, politisch oder religiös bedingt? Steht nichts im Bericht von ai oder hat BerichterstatterIn geschlampt?

     

    Aber ein Bild von einem Turban-Träger, damit man weiss, wie der Feind aussieht.

    • @6028 (Profil gelöscht):

      Die Strafmündigkeit im Iran hängt laut ai-Bericht wohl vom Beginn der Pubertät ab, weil ab da religiöse Praktiken verbindlich sind.

    • @6028 (Profil gelöscht):

      Der Artikel klingt grausam und natürlich ist auch bereits das Drohen mit der Todesstrafe für Kinder ein schlimmes Verbrechen, welches Assoziationen an das Morden von Säuglingen im Mittelalter hervorruft, weil sie vom Teufel besessen seien.

      Gleichwohl hat der Iran zumindest nach eigenen Aussagen Kinder nicht mehr exekutiert. Die meisten Opfer der Todesstrafe sind zudem Männer - und nicht Frauen oder Mädchen. Gleichwohl ist es besonders grausam, dass die Todesstrafe für Taten verhängt werden, die bei uns überhaupt keine Straftaten sind.

      Details hätte sich jede Journalist_in im Internet besorgen können - in der geschriebenen Form klingt dies jedoch mehr nach Propaganda als nach seriöser Berichterstattung. http://www.capitalpunishmentuk.org/iranfem.html

    • @6028 (Profil gelöscht):

      Ich glaube der Artikel war einfach eine Zusammenfassung des oben verlinkten Amnesty International Berichts. Frauen werden im Iran übrigens mit 9 Jahren, in einigen Hinsichten, als volljährig angesehn, weil des Propheten dritte Frau Aisha zum Zeitpunkt ihrer Hochzeit 9 Jahre als gewesen sein soll. Wieso es bei Männer mit 15 Jahren ist, weiß ich nicht mehr genau. Aber ich meine mich zuerinnern, dass auch dies religös begründet war.