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Amerikas Position zu SyrienErstmal muss Assad weg

US-Präsident Obama ist im Syrien-Konflikt wiederholt als zu passiv kritisiert worden. Nun wird seine Regierung aktiv, diskutiert wird auch der Einfluss von Al-Qaida.

Wie groß ist der Einfluss von Al-Qaida im Syrien-Konflikt? Bild: dapd

WASHINGTON taz | Barack Obama ist im Konflikt in Syrien vielfach als „abwesend“ kritisiert worden: von seiner heimischen Opposition, aber auch von den bewaffneten Kämpfern der „Free Syrian Army“. Jetzt versucht seine Regierung, sich an die Spitze der internationalen Anti-Assad-Bewegung zu stellen: Außenministerin Hillary Clinton führt an diesem Wochenende in der Türkei Gespräche über die Zeit nach Assad.

Clinton will den „Fortbestand der Institutionen“ für den „Tag danach“ sicher stellen. Gleichzeitig erklärt der Terrorismus-Beauftragte des Weißen Hauses, John Brennan, dass Obama „keine Optionen ausschließt“ – inklusive einer Flugverbotszone über Syrien. Erst wenige Tage zuvor hatte das Weiße Haus zugegeben, dass der US-Präsident vor mehr als einem Monat eine geheime Anordnung unterzeichnet hatte, die es der CIA gestattet, die syrischen Rebellen zu unterstützen.

Die zweigleisige US-Offensive – diplomatisch und militärisch – erfolgt, während sich die Lage in Syrien in rasanter Geschwindigkeit entwickelt. Einerseits eskalieren die Kämpfe zwischen Regime und Rebellen. Andererseits scheint sich auch das Kräfteverhältnis im Inneren der bewaffneten Opposision zu verändern: zugunsten von Djihadisten.

Einfluss der Djihadisten wächst

Seit Anfang der Woche berichten die großen US-Medien intensiv über wachsenden Einfluss von Al-Qaida-Kämpfern. Ed Husain, Nahost-Experte des regierungsnahen US-amerikanischen „Council on Foreign Relations“ schrieb in dieser Woche: „Die syrischen Rebellen wären heute ohne Al-Qaida in ihren Rängen unermesslich viel schwächer“.

Während die Truppen der „Free Syrian Army“ „müde, gespalten, chaotisch und ineffizient“ seien, würde die Ankunft der – unter anderem im Irak – kampferprobten Djihadisten von außen die Moral verbessern. Husain: „Die Free Syrian Army braucht Al-Qaida jetzt“. Er prognostiziert, dass Al-Qaida die „effizienteste kämpfende Kraft in Syrien werden kann“, wenn die Übertritte von der Free Syrian Army anhalten.

Bislang kommen die Djihadisten, die in Syrien kämpfen, unter anderem aus Tschetschenien, dem Irak, Libyen, Saudi Arabien, Jemen und Jordanien.

Die US-Spitze verfolgt offenbar die Strategie, zunächst das Assad-Regime zu beenden, und sich erst anschließend um den wachsenden Einfluss der Djihadisten unter den Rebellen in Syrien zu kümmern. Erst im Mai gab Verteidigungsminister Leon Panetta öffentlich zu, dass Al-Qaida in Syrien präsent ist. Im Juli schlug der Counter-Terrorismus Chef im US-Außenministerium, Daniel Benjamin, vor, die USA sollten die Free Syrian Army bitten, Al-Qaida-Kämpfer in ihren Reihen abzulehnen.

Al-Qaida hat schon mehrfach profitiert

Bei einer Konferenz in Washington in dieser Woche sagt Obamas Terrorismus-Beauftragter John Brennan: „Die Geschichte zeigt, dass Al-Qaida Vorteile aus Situationen von Rechtlosigkeit, politischem Wandel und Chaos zieht. Das haben wir in Irak, Somalia und Jemen gesehen. Das ist in Syrien nicht anders.“ Im Gegenzug zu Al-Qaidas „Suche nach Gelegenheiten“ statte die USA die Opposition in Syrien mit „Material“ aus. Die US-Position beschreibt Brennan als „klar“. Sie laute: „ Assad muss gehen“.

Um zu verhindern, dass die Djihadisten ihre Positionen in einem Machtvakuum nach dem Zusammenbruch des Regimes weiter ausbauen, will Außenministerin Clinton den Fortbestand der syrischen Institutionen und der öffentlichen Sicherheit garantieren. Bei einem Besuch in Südafrika warnte sie in dieser Woche: „Wir müssen unsere Erwartung klar machen, dass wir keine sektiererische Kriegsführung und Repressalien tolerieren werden.“

An diesem Wochenende will Clinton in der Türkei über ihren Übergangsplan beraten. „Wir müssen mit der internationalen Gemeinschaft dafür sorgen, dass der Übergang ordentlich verläuft, dass die Wirtschaft wieder hergestellt wird und dass potenzielle Störungen durch Assads Alliierte wie den Iran fern gehalten werden.“

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11 Kommentare

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  • A
    Ant-iPod

    Hier noch ein aus meiner Sicht aufschlussreicher Link über die FSA:

     

    http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1707422/Unbekannte-Kaempfer-Die-FSA

  • U
    Ute

    "Erstmal muss Assad weg"

     

    dieses Credo war doch schon vor einem Jahr zu hören.

     

    Hat man da was falsch gemacht, im Westen?

     

    Auf jedem Fall sind seit dem viele Menschen ums Leben gekommen und Assad ist immer noch da.

  • J
    jupp

    "Im Juli schlug der Counter-Terrorismus Chef im US-Außenministerium, Daniel Benjamin, vor, die USA sollten die Free Syrian Army bitten, Al-Qaida-Kämpfer in ihren Reihen abzulehnen."

    AuuuuuWeiii

    Welche Neuigkeit!

     

    Natürlich wird die US-Regierung diesem guten Rat folgen, die Free Syrian Army sich dem klugen und mächtigen Bruder fügen und Al-Qaida wird seine Existenz freiwillig beenden!

    So einfach isses!

    Aber wohin dann mit den menschenfreundlich zielgenauen Raketen aus Obamas Friedensdrohnen?

    Vielleicht doch auf die Zitadelle von Aleppo?

  • Z
    Zeus35

    Zu passiv?

    Ich schmeiß mich weg vor lachen, woher glauben eigentlich die verblödeten Gutmenschen haben die Terroristen ihre Waffen?

    Richtig, Terroristen! Auch wenn ZDF & Co. wieder und wieder Aussagen syrischer Bürger verdrehen, wenn diese von Terroristen sprechen und die deutschen "Reporter" sagen das die Bürger die Rebellen meinen, so sind es keine Rebellen sondern Terroristen.

    Wenn hier eine Gruppe plötzlich den Staat attackieren würde, wären das Glasklar Terroristen.

     

    Und denen wachsen scheinbar die Waffen aus dem Arsc., oder woher kommen die so schnell?

    Und dass der Bürgerkrieg super in die Invasionspläne der USA passt ist natürlich purer Zufall.

     

    Leute wacht auf, der "Bürgerkrieg" in Syrien ist genauso von den Westmächten, sprich USA, inszeniert wie der in Libyen.

  • T
    tejano

    Aber Obama weiss, dass 80% der U.S. Amerikaner keine direkte Intervention der USA in Syrien wollen. Die fast 200 Leserkommentare in Washington Post, nach einer Kritik der Obama-Syrien-Passivitaet, geschrieben von den U.S. Senatoren McCain, Lieberman, Graham - waren zu ueber 95% empoert und sarkastische gegen McCain, Lieberman und Graham. ("the three seniles"...)

  • JZ
    jan z.

    Aber ein "Partner" zittert: "King Hussein"/Jordanien gab John Rose (PBS) ein einstuendiges Interview. Hussein empfiehlt ein regionalisiertes Syrien - in welchen die Alawiten und andere Minoritaeten ihre eigenen Verwaltungsbezirke erhalten. Hussein: "Iran" und der "Arabische Fruehling" sind nur "sideshows": - das ueberschattende Problem ist - Israel - Palestina!"

  • T
    T.V.

    Wie groß ist der Einfluß der US-Regierung bei Al-Qaida?

  • D
    D.J.

    "will Außenministerin Clinton den Fortbestand der syrischen Institutionen und der öffentlichen Sicherheit garantieren."

     

    Sollten die USA nach ihrem von ideologischer Inkompetenz strotzenden, desaströsen Einsatz im Irak evtl. doch gelernt haben? Das syrische Volk, das mehrheitlich keine Lust hat auf religiösen Faschismus, kann es nur hoffen.

  • A
    Abu-Reda

    Al-Qaida (wer immer das sein mag),

    profitiert das es im Nahen Osten mehrheitlich Despoten die politisch-militärische Macht besitzen.

    Ich kenne bis auf vereinzelte Ausnahmen niemanden der eine Theokratie wie im Iran haben will.

    Jedoch ist unbestritten das die einzige ernstzunehmende resistance gegen das jeweiligen Regime von kampfbereiten Gläubigen (in D als Dshihadisten bezeichnet) aus geht.

    Die säkulare (studierte) Opposition zb. in Algerien oder Saudi-Arabien oder Jordanien opponiert aus dem sicheren Ausland.

    Und die "Islamisten" welche in Tunesien, Egypt oder Lybien demokratisch gewählt wurden sind religiös wert-konservativ, in Deutschland vergleichbar mit der CDU, fanatiker gibt es überall siehe in Deutschland gewählte Abgeordnete der CSU .

  • A
    Ant-iPod

    Schon merkwürdig... erst schaut man monatelang von Außen zu, bis die Situation völlig eskaliert - obwohl man genau weis, dass dies die Radikalen immer stärkt und in der arabischen Welt wie eine Einladung an Al-Qaida ist...

    und dann stellt man fest, das genau das passiert ist, was man durch seine Haltung überhaupt erst möglich gemacht hat.

     

    Es ist genau die Untätigkeit der Weltgemeinschaft, welche die Djihadisten in Syrien überhaupt erst so bedeutend gemacht hat und dieser Trend hält bedauernswerter Weise an.

     

    Jetzt quasi "überrascht" zu überlegen, wie man darauf reagiert ist bestenfalls scheinheilig.

     

    Ich will es gar nicht prognostizieren... aber man könnte befürchten, dass man dem Despoten doch wieder Chancen einräumen wird, damit man das Feindbild der Djihadisten erhalten und deren Macht dennoch nicht zu groß werden lassen kann.

    Wenn der Westen nicht erkennt, dass dies ein grundlegender strategischer Fehler ist, weil dann auch das letzte bisschen Glaubwürdigkeit auf lange Sicht verloren gehen wird... dann sind unsere Politiker noch dümmer, als sie ohnehin offenbaren.

     

    Das Grundübel ist die Despotenherrschaft einzelner Könige und Diktatoren und dies muss beseitigt werden.

    Danach erst kann man sich um die Gefahr der Djihadisten kümmern - und sage keiner, dass der Westen, der mit viel Aufwand Parteien und NGO's in Ost-Europa einsetzt, dasselbe nicht auch in der arabischen Welt tun kann, wenn er denn nur will.

     

    Das die Mehrheit der Bevölkerung in den arabischen & turkmenischen Staaten und Persien von den Djihadisten nichts hält, wissen wir.

    Etwas anderes zu behaupten, kann nicht aus ethischen Gesichtspunkten motiviert sein.

    Die Mehrheit dort will in Frieden und Freiheit einfach leben... wie wir auch.

  • KF
    Öko Fritz

    Amerika wird wieder wie im Western Cowboy spielen:

     

    Alle die nicht ins Schema passen werden abgeknallt!

     

    Assad sollt weg...

     

    Aber das "wie" ist die Frage:

     

    - Rebellen unterstützen, Waffen verkaufen, 1000 Menschen sterben lassen?

     

    - eigene Truppen runterschicken, oder Verbündete...

     

    - das Spezialkomando und kurzer Prozess wie bei Bin Laden?

     

     

    Diese Heuchelei ist echt bitter!

     

    PS:

    Und Madam Merkel liefert fleissig Waffen "made in görmany".