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American PieSturm und Drang der Enten

BASKETBALL Die College-Meisterschaften sind eine Schau. Attraktiv und voller Überraschungen. Nun kommt die Krönung

Dylan Ennis hat die Haare schön, so schön wie Dennis Schröder. Beide tragen den Golden Patch. Sie haben sich eine Stelle über der Stirn blondieren lassen. Aber sonst haben die beiden zurzeit nicht so viel gemeinsam.

Der eine, Ennis, ist mit seinen Oregon Ducks recht spektakulär ins Final Four der US-College-Meisterschaft eingezogen, der andere gurkt sich mit den Atlanta Hawks durch die restliche NBA-Saison. Neulich hat der deutsche Nationalspieler Schröder zehn (!) Ballverluste in einem Spiel – gegen die Washington Wizards – fabriziert, Negativrekord für einen Einzelspieler seines Klubs.

Schröder irrlichterte dermaßen erratisch übers Parkett, dass man sich wunderte, warum der Aufbauspieler 34 Minuten spielen durfte. Die Hawks unterlagen zuletzt auch der eher schlagbaren Combo der Brooklyn Nets mit 92:107 und kassierten die siebte Niederlage hintereinander. Die Play-off-Teilnahme ist in Gefahr, denn das Schröder-Team rutschte in der Eastern Conference auf Rang sechs ab, und nur die besten acht der 15 Teams im Osten erreichen die Mitte April beginnenden Playoffs.

Im Gegensatz zu Schröder hat Dylan Ennis derzeit nicht nur den Golden Patch, sondern auch den Golden Touch. Er hat sein Team nach Phoenix geführt, wo am Wochenende vor über 60.000 Zuschauern das Finale der NCAA-Basketballer steigt. Zu diesem Termin wird gemeinhin der Höhepunkt der March Madness erreicht, die quartalsirren Basketballfans zeigen zum Ende hin noch einmal schwere Symptome: sprunghafte Erregtheit, eingeengte Wahrnehmung und heftige Gefühlsdisbalancen.

Oregon hat es erst ein Mal in den Zirkel der besten College-Basketballteams geschafft, vor 78 Jahren, und wurde Meister. Die Enten gewannen gegen die Ohio State University mit 46:33. Für den Titel müssen sie jetzt „nur“ North Carolina im Halbfinale schlagen und im Finale den Sieger der Partie South Carolina gegen Gonzaga.

Die Final-Four-Besetzung ist ein Beleg für die Vitalität der College-Serie, denn nicht nur Underdog Oregon gehört zum finalen Quartett, sondern mit der Universität von South Carolina – Gamecocks, Kampfhähne genannt – auch ein Team, das es noch nie unter die besten acht geschafft hat. Auch die Gonzaga Bulldogs wurden zum ersten Mal in den Vierer-Elitezirkel gespült.

Es ergeben sich nicht die in Sport-Europa üblichen, in Beton gefassten Favoritenstellungen. Die besondere Attraktivität im Vergleich zur NBA ist freilich auf den Modus zurückzuführen – und den Spielstil. Einerseits gibt es mit dem Beginn der March-Madness-Serie nur noch K.-o.-Spiele, auf der anderen Seite wird feiner Basketball gespielt mit 30 Sekunden Angriffszeit und klassischer Raumverteidigung.

Die Spieler sehen noch nicht so aus, als hätten sie jahrelang mit den Frühstücksflocken Anabolika und Wachstumshormone runtergewürgt. Sie sind rank und schlank, hyperehrgeizig, noch nicht deformiert vom schlauchenden Profialltag. Sie sind mit ihrem Sturm-und-Drang-Basketball eine echte Schau. Wie zum Beispiel Dylan Ennis, 25, der bereits seine sechste College-Saison spielt. Er wechselte zuletzt von den Villanova Wildcats zu den Oregon Ducks, wo sie ihn O.G. nennen, „Original Gangster“, natürlich nur wegen seiner kolossalen Erfahrung in der Basketballhalle.

Sein jüngerer Bruder Tyler spielt nun schon seit drei Jahren in der NBA, bei den Los Angeles Lakers. Jetzt wird es auch für den Älteren Zeit. Die richtige Frisur hat er ja schon.

Markus Völker

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