American Pie: Überwältigende Intelligenz
BASKETBALL Die Golden State Warriors besiegen die Oklahoma City Thunder dreimal in Serie und stehen erneut gegen die Cleveland Cavaliers in den NBA-Finals
Vielleicht wird Kevin Durant und Russell Westbrook irgendwann noch am späten Montagabend in der Oracle Arena in Oakland ein Licht aufgegangen sein. Gerade hatten ihre Oklahoma City Thunder gegen die gastgebenden Golden State Warriors verloren, im atemberaubenden Finale einer noch atemberaubenderen Playoff-Serie der Conference Finals – dem Halbfinale – der NBA. Das 96:88 im siebten Spiel der Serie bedeutete für den Titelverteidiger den Einzug in die Finals ab der Nacht zu Freitag, wie 2015 gegen die Cleveland Cavaliers. „Sie haben uns von der Dreierlinie geschlagen“, analysierte Flügelspieler Durant direkt nach der Partie im Gedanken an die erneut überragenden Vorstellungen der Warriors-Stars Stephen Curry (36 Punkte) und Klay Thompson (21 Punkte). „Wir haben sie in allen anderen Punkten geschlagen. Das ist alles.“
Genau an diesem Punkt aber lag Durant falsch. Bei aller einmaliger Klasse der Warriors – Oklahoma City und besonders das Star-Duo Westbrook/Durant haben das Aus auch selbst mitverantwortet. Dabei hatte die Mannschaft die „Dubs“ um die begnadeten Aufbauspieler Curry und Thompson – die beiden überragenden 3-Punkte-Schützen der Basketballwelt – über jene sieben Spiele so intensiv gefordert wie kein anderes Team diese Spielzeit. Ausgerechnet die Warriors, die in der abgelaufenen Saison mit 73:9 Siegen einen neuen Liga-Rekord aufstellen konnten und schon jetzt als eines des besten Teams aller Zeiten gelten, waren ihren Unbesiegbarkeitsnimbus plötzlich los. Mit 133:105 im dritten Spiel und 118:94 in der vierten Partie wurde das sonst so berauschend spielende Team in einer Weise deklassiert, wie es kaum jemand für möglich gehalten hätte. 3:1 hatte „OKC“ hatte in der Serie schon geführt, brauchte lediglich noch einen einzigen Sieg – und verlor dann die letzten drei Spiele in Folge. „Die Warriors sind letztes Jahr ja nicht ohne Grund Meister geworden“, konstatierte Thunder-Trainer Billy Donovan danach fast entschuldigend. Bereits beim 101:108 im letzten Spiel am Samstag wurde im Schlussviertel ein eigentlich komfortabler Vorsprung abgegeben.
Die Schwachpunkte der Thunder wurden in diesen Halbfinals erbarmungslos entblößt: So naturgewaltig Westbrook und Durant immer wieder den Korb attackieren, auch genial ihre Mitspieler einbinden können, so fatal ist die Anfälligkeit beider Stars für Ballverluste, ihre Tendenz, Würfe zu forcieren, die Teamkollegen zu übersehen. In Spiel sechs traf Durant nur zehn von üppigen 31 Versuchen, leistete sich dazu in den letzten zwei Minuten gleich zwei Ballverluste, Westbrook sogar deren drei. Am Montag brauchte Westbrook 21 Versuche für sieben Treffer. Schon in der regulären Saison verspielten die Thunder – auch gegen die Warriors – mehrmals komfortable Vorsprünge in der zweiten Halbzeit. So auch am Montag.
„Bleibt ruhig! Nehmt euch Zeit!“, mahnte Warriors-Coach Steve Kerr seine Spieler immer wieder – in der letztlich richtigen Annahme: Irgendwann fallen die Thunder wieder in ihr altes Muster zurück – und das überwältigende, intelligente Offensivspiel seiner Warriors inklusive der demoralisierenden Wirkung der unaufhörlichen 3-Punkte-Treffer würde sich entfalten können. Er sollte recht behalten. David Digili
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