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American FootballHundeschinder findet zu Gott

Football-Profi Michael Vick hat Pitbull-Kämpfe organisiert. Das bringt ihn wohl trotz einer Beichte für Jahre hinter Gitter.

Michael Vick: Will sich fortan um seine Verbesserung als Mensch kümmern Bild: dpa

Was dem sportbegeisterten Sammler hierzulande die Pannini-Bildchen sind, das sind den US-Fans ihre Trading Cards. Die werden, hier wie dort, gewöhnlich am liebsten im besten Zustand getauscht: Je weniger umgekickte Ecken, desto wertvoller. Eine Ausnahme sind die Tauschkärtchen von Michael Vick: Die werden momentan auf ebay gehäuft angeboten, allerdings zumeist mit dem Qualitätsvermerk: von Hunden zerkaut. Ein Anbieter erhofft sich zudem ein Geschäft mit dem "inoffiziellen Michael-Vick-Hundekauspielzeug" zum Preis von 15 Dollar.

Der Hintergrund ist bei weitem nicht so amüsant: Der Quarterback der Atlanta Falcons, einer der bestbezahlten und prominentesten Football-Profis des Landes, hat in den letzten sechs Jahren illegal Hundekämpfe veranstaltet und dazu ein florierendes Wettgeschäft organisiert. Hunde, deren Kampfeswillen zu wünschen übrig ließ, waren erdrosselt oder ertränkt worden. Nachdem der 27-Jährige die Vorwürfe wochenlang abgestritten hatte, bekannte er sich am Montag vor einem Gericht in Richmond, Virginia, für schuldig, übernahm auf einer anschließenden Pressekonferenz die Verantwortung für seine Taten und erklärte, er habe nun zu Gott gefunden.

Die Beweislage war offensichtlich zu erdrückend geworden: Ende April waren auf einem von Vicks Anwesen in Virginia von der Polizei 66 Hunde entdeckt worden, die meisten übersäht mit Narben und Wunden, einige unterernährt. Bei weiteren Durchsuchungen anderer Immobilien in Vicks Besitz wurden noch mehr Beweise für die grausamen Kämpfe gefunden, darunter Hundekadaver. Zudem waren drei seiner Komplizen nach anfänglichem Leugnen geständig und belasteten Vick schwer; er habe die organisierte Tierquälerei und den dazugehörigen Wettring, der unter dem Namen "Bad Newz Kennels" firmierte, finanziert. In seinem Geständnis vom Montag gab Vick den Großteil der Vorwürfe zu, bestreitet jedoch selbst auf die Kämpfe gewettet oder Gewinne gemacht zu haben. Die Anklage fordert eine Gefängnisstrafe von zwölf bis 18 Monate, aber als Ersttäter könnte Vick womöglich auch mit nur einer Bewährungsstrafe davon kommen, verkündete der Staatsanwalt Chuck Rosenberg: "Allerdings denken wir dass das Verhalten in diesem Fall abscheulich, grausam und unmenschlich war."

Die Untersuchung hatte große Empörung ausgelöst - jedenfalls im Vergleich zu früheren Fällen, in denen Sportstars der häuslichen Gewalt, des Drogenmissbrauchs oder gar des Mordes angeklagt waren. Seit OJ Simpson hat sich die amerikanische Öffentlichkeit nicht mehr so erregt über die Verfehlungen eines Athleten. Tierschutzverbände demonstrierten vor dem Trainingsgelände der Falcons und den Firmenzentralen seiner Sponsoren. Mit Erfolg: Reebok hat den Verkauf von Vicks Trikot gestoppt und die meisten seiner lukrativen Werbeverträge, darunter mit Nike, sind gekündigt worden. Derweil gehen auf den Konten der Tierschützer so viele Spenden ein wie nie zuvor.

Bei seiner Verlautbarung am Montag ließ der gefallene Star wissen, dass er sich fortan "um die Verbesserung des Menschen Michael Vick, nicht des Football-Spielers", zu kümmern gedenke. Dazu dürfte er demnächst ausreichend Zeit haben, denn seine sportliche Karriere liegt in Trümmern: Die NFL hat ihn vorerst einmal fristlos suspendiert.

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