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Amazons E-Book kommt nach DeutschlandEs ist Kindle-Land hier

Dreieinhalb Jahre nach dem US-Start kommt Amazons E-Book Kindle auch nach Deutschland – mit einem Startangebot von 25.000 Titeln. Billiger werden Bücher dadurch allerdings nicht.

Mein Freund, der Baum, ist digital: das Kindle kann auch Grafik. Bild: dpa

BERLIN dpa | Manchmal sieht man sie bereits im Zug oder in der Straßenbahn, die konzentrierten E-Book-Leser über ihren flachen Geräten im Heftformat. Noch liest nur eine kleine Minderheit in digitalen Büchern. Alle Experten sagen aber, dass die Geschäfte mit E-Books auch in Deutschland auf Touren kommen – wie schon länger in den USA.

Jetzt startet auch Marktführer Amazon den Verkauf von digitalen Büchern in deutscher Sprache – für den Münchener Geschäftsführer Ralf Kleber "das wichtigste Ereignis, seit wir den Online-Store gegründet haben" – das war in Deutschland Ende 1998, drei Jahre nach dem Start in den USA.

Bisher konnten die Amazon-Kunden aus einem Angebot von mehr als 600.000 zumeist englischsprachigen E-Books wählen. Jetzt kommen mehr als 25.000 Bücher auf Deutsch dazu. Amazon verkauft auch das Lesegerät dafür, den Kindle, dessen besondere E-Ink-Technik (elektronische Tinte) zwar keine Farben kennt, dafür aber wochenlang ohne Akku-Nachladen auskommt.

Für Smartphones und die neuen Tablet-Computer hat Amazon Apps bereitgestellt, mit denen die E-Books in dem speziellen, kopiergeschützten Kindle-Format gelesen werden können.

Amazon ist nicht allein

Die Branche hat den Einstieg von Amazon schon lange erwartet. Eine Zeit lang wurde befürchtet, dass Amazon das digitale Buchgeschäft ähnlich dominieren könnte wie Apple den Musikhandel mit mit seinem Online-Shop iTunes. Inzwischen aber sorgen sowohl Apple mit dem Buchvertrieb für das iPad als auch Google mit seinen Buchprojekten für Konkurrenz. Und daneben sind auch schon mehrere deutsche Vertriebsplattformen für E-Books etabliert.

"Das erweitert den Markt", sagt der Geschäftsführer des Hamburger E-Book-Portals Libri.de, Per Dalheimer, zum Amazon-Start. Der wichtigste Effekt sei es, dass das Bewusstsein für das digitale Lesen gestärkt werde. Davon könnten auch diejenigen profitieren, die sich jetzt schon in diesem Markt engagierten.

"Andererseits bedeutet der Einstieg eines so starken Unternehmens wie Amazon natürlich auch eine Verstärkung des Wettbewerbs", sagt Dalheimer im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Hier will Libri.de die Stärken des E-Book-Standards Epub zur Geltung bringen: "Wir setzen nicht auf ein geschlossenes System, sondern auf ein offenes System."

Amazon-Geschäftsführer Kleber spricht vom "Kindle-Ökosystem", der Rundumlösung aus Hardware, Shop, Kundenservice und Partnern. Dazu gehört etwa die Besonderheit, dass sich das Lesegerät die Seite merkt, bei der das Lesen unterbrochen wurde, um dann auf einem anderen Gerät an derselben Stelle fortzufahren – die entsprechenden Daten werden online synchronisiert.

"Die Deutschen lesen leidenschaftlich gerne", betonte Greg Greeley, der bei Amazon für das Einzelhandelsgeschäft in Europa zuständig ist, in einer Pressemitteilung. Sein Unternehmen sei sicher, dass das Land nun auch die Vorteile des Lesens auf dem Kindle entdecken werde. Allerdings befindet sich Deutschland bei E-Books "noch in der Stunde Null", wie Kleber realistisch einräumt.

Die 30-70-Formel

In Erwartung eines Massenmarkts für das digitale Lesen werden jetzt die Vorentscheidungen für die Geschäftsbeziehungen zwischen Verlagen und den Handelsplattformen im Internet getroffen. Im klassischen Buchhandel, der von den E-Books massiv unter Druck gesetzt wird, kann der Händler üblicherweise 40 Prozent des Kaufpreises für sich behalten, 60 Prozent gingen an den Verlag. Bei den E-Book-Plattformen liegt das Verhältnis aber nach Informationen aus der Branche inzwischen zumeist bei 30 Prozent für den Händler und 70 Prozent für den Verleger – das ist auch die Apple-Formel für den Vertrieb von Apps.

Bei den Preisen dürfen sich die Bücherfreunde keine allzu großen Hoffnungen machen, dass sie bei E-Books sehr viel billiger an ihren Stoff kommen. Das liegt auch, so betont die Verlagsbranche, an den unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen von 7 Prozent bei gedruckten Büchern und 19 Prozent bei E-Books. Dies gleiche die Kostenvorteile bei Produktion und Vertrieb zum Teil wieder aus, heißt es. Einzelne EU-Länder streben hier eine Anpassung an den niedrigeren Satz an, aber das kann in Brüssel noch lange dauern.

"Bei Fachtiteln gibt es das größte E-Book-Angebot und die größte Akzeptanz", sagt der Justiziar beim Börsenverein des Deutschen Buchhandels, Christian Sprang. "Bei Publikumstiteln spürt man hingegen, dass noch zu wenig Lesegeräte im Markt sind und entsprechend nur eher geringe Titelzahlen abgesetzt werden können." Der Markt komme aber zunehmend in Bewegung und es bestehe Hoffnung, dass sich die Investitionen der Verlage allmählich auszahlten.

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8 Kommentare

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  • MP
    Marco Polo

    Ich finde diese Entwicklung traurig und meine auch, daß die sogenannten "Experten" diesen Markt völlig falsch einschätzen

     

    BÜCHER, die inhaltlich und äußerlich diesen Namen auch verdienen, will ich nicht auf einem Bildschirm lesen - ich will sie anfassen, das Papier fühlen, wichtige Sätze unterstreichen, mir am Rand Annotationen machen und sie auch als physische Entität bei mir tragen, in meinem Rucksck, in meiner Hand. Ganz gleich, ob der Stoff, auf dem das Buch gedruckt sein wird, aus Holzfaserpapier, Hanf, Bambus- oder sonstigen natürlichen oder synthetischen Fasern, es wird immer etwas ganz Eigenes und Besonderes bleiben.

     

    Wie schockierend sympathisch! Wir schreiben das Jahr 2011 und die meisten Leute lesen und schreiben noch immer gerne und bevorzugt auf Papier! Das ist doch hammergeil! Genauso, wie ein Palm PDA dem klassischen Filofax eben auch hoffnungslos unterlegen ist.

     

    Ich kaufe Bücher sehr selten bei einem Online-Händler (wenn überhaupt, dann Antiquarisches), weil ich den normalen Buchladen und das damit verbundene sinnliche Erlebnis extrem wertschätze und nicht missen will. Zudem sind Buchläden extrem gute Orte, um als Mann gekonnt intelligente Frauen anzumachen und zu verführen - ein essentieller Mehrwert, der amazon.com ebenfalls wesenshaft abgeht.

     

    Und mir gefällt die Vorstellung nicht, auf einem solchen Lesegerät davon abhängig zu sein, ob ich im Akku noch Energie habe oder nicht und generell dabei auf Strom angewiesen zu sein.

     

    Inhalte, die es nicht wert sind, auf Papier gedruckt zu sein, kann man auch als pdf am Computer oder Laptop lesen oder auch an einem Pad-Device.

     

    Aber nur Idio*** denken, daß alles, was "digital" ist, auch besser sein müßte. (Und genau diese "weniger Begabten" stellen auch die Prognosen auf, daß diesen nervigen Gadgets die Zukunft gehören würde, weil sie davon ausgehen, daß jeder so beschränkt sein müsse, wie sie selber.)

     

    Nicht alles, was billiger ist, ist auch besser. Nicht alles, was vermeintlich "einfacher zu haben ist", ist auch besser oder auch nur wünschenswert.

     

    "History is littered with the mistaken prognostications of people who embarked upon misadventure based upon past success and trends. The world does not make itself predictable. You, me, and the psychic down the street, know nothing about how someone else should do anything in the future.

    The past is not an indicator of the future. The future is unpredictable. Anyone who says otherwise is fooling themselves."

  • MP
    Marco Polo

    Ich finde diese Entwicklung traurig und meine auch, daß die sogenannten "Experten" diesen Markt völlig falsch einschätzen

     

    BÜCHER, die inhaltlich und äußerlich diesen Namen auch verdienen, will ich nicht auf einem Bildschirm lesen - ich will sie anfassen, das Papier fühlen, wichtige Sätze unterstreichen, mir am Rand Annotationen machen und sie auch als physische Entität bei mir tragen, in meinem Rucksck, in meiner Hand. Ganz gleich, ob der Stoff, auf dem das Buch gedruckt sein wird, aus Holzfaserpapier, Hanf, Bambus- oder sonstigen natürlichen oder synthetischen Fasern, es wird immer etwas ganz Eigenes und Besonderes bleiben.

     

    Wie schockierend sympathisch! Wir schreiben das Jahr 2011 und die meisten Leute lesen und schreiben noch immer gerne und bevorzugt auf Papier! Das ist doch hammergeil! Genauso, wie ein Palm PDA dem klassischen Filofax eben auch hoffnungslos unterlegen ist.

     

    Ich kaufe Bücher sehr selten bei einem Online-Händler (wenn überhaupt, dann Antiquarisches), weil ich den normalen Buchladen und das damit verbundene sinnliche Erlebnis extrem wertschätze und nicht missen will. Zudem sind Buchläden extrem gute Orte, um als Mann gekonnt intelligente Frauen anzumachen und zu verführen - ein essentieller Mehrwert, der amazon.com ebenfalls wesenshaft abgeht.

     

    Und mir gefällt die Vorstellung nicht, auf einem solchen Lesegerät davon abhängig zu sein, ob ich im Akku noch Energie habe oder nicht und generell dabei auf Strom angewiesen zu sein.

     

    Inhalte, die es nicht wert sind, auf Papier gedruckt zu sein, kann man auch als pdf am Computer oder Laptop lesen oder auch an einem Pad-Device.

     

    Aber nur Idio*** denken, daß alles, was "digital" ist, auch besser sein müßte. (Und genau diese "weniger Begabten" stellen auch die Prognosen auf, daß diesen nervigen Gadgets die Zukunft gehören würde, weil sie davon ausgehen, daß jeder so beschränkt sein müsse, wie sie selber.)

     

    Nicht alles, was billiger ist, ist auch besser. Nicht alles, was vermeintlich "einfacher zu haben ist", ist auch besser oder auch nur wünschenswert.

     

    "History is littered with the mistaken prognostications of people who embarked upon misadventure based upon past success and trends. The world does not make itself predictable. You, me, and the psychic down the street, know nothing about how someone else should do anything in the future.

    The past is not an indicator of the future. The future is unpredictable. Anyone who says otherwise is fooling themselves."

  • M
    MattF

    Klassisch veröffentlichte Bücher die dann auch im Kindle veröffentlicht werden, werden im Moment wohl nicht wirklich billiger.

     

    Es gibt aber jetzt schon div. auch deutsche Titel die nur noch auf Kindle veröffentlicht werden für z.b. 99ct.

     

    Im englischen Sprachraum werden da neben den Verlagen her, direkt vom Autor schon riesige Umsätze generiert.

     

    Also mal stöbern nach günstiger Literatur, die dann hoffentlich auch gut ist.

  • D
    DRM

    Aus dem Artikel: 'Hier will Libri.de die Stärken des E-Book-Standards Epub zur Geltung bringen: "Wir setzen nicht auf ein geschlossenes System, sondern auf ein offenes System."'

     

    Das reine Epub-Format mag zwar offen sein, in der Praxis ist man hierbei jedoch immer über ein DRM-System an ein geschlossenes System gebunden - so auch bei libri.de. Von Offenheit kann daher keine Rede sein. Bei libri.de läuft das DRM System über Adobe.

     

    Weder bei den Kindle noch bei den DRM-beschränkten EBooks kann man sich sicher sein, dass man sie in ein paar Jahren noch lesen kann. Es wäre schön, wenn die Taz die Leser auf diese Einschränkung aufmerksam machen würde.

  • K
    KindleBesteller

    Laut der Kindle-Shop Seite für Zeitungsabos gibts das noch nicht. Wäre interessant, ob das kommt. Derzeit wäre für mich da nur die ZEIT interessant...

  • I
    Ingo

    @Tino: Die taz bietet ein digitales Abo an (einfach mal auf der Homepage schauen). Dabei gibt es die Option sich die Datei per E-Mail schicken zu lassen. Richtet man sich einen Filter ein, der diese Mails automatisch an die Kindle-Adresse weiterleitet (geht vermutlich bei allen E-Mailanbietern), landet die Zeitung jeden Tag ohne weiteres Zutun auf dem Geraet. Mache ich seit einem halben Jahr so und es funktioniert ohne Probleme.

  • M
    Moritz22

    Und sie werden DOCH billiger!

    Langfristig wird es in der Tat so sein, dass Bücher deutlich billiger werden, weil nämlich die Autoren in ein paar Jahren ihre Erzeugnisse größtenteils selber direkt im Internet verkaufen werden - unter völliger Umgehung des Buchhandels und der Verlage.

    Im Moment sieht es so aus, dass einem Autor in der Regel um die 10% des Netto-Ladenpreises zufallen. Bei einem 20 Euro teuren Buch wären das gerade mal 1,87 Euro (für Bücher gelten 7% Mwst). Wenn der Autor das Buch jetzt selbst für 9,50 im Internet vermarktet hätte der Kunde mehr als die Hälfte gespart und der Autor trotzdem gut das 5-fache verdient. Bei einer Auflage von 5000 Exemplaren - und das ist sehr wenig für einen Roman - wären das bereits 46.500 Euro Einnahmen. Das funzt!

    Googeln Sie doch einmal Amanda Hocking. Die Amerikanerin hat bereits 11 Romane veröffentlicht, die auschließlich über Kindle vertrieben werden. Der billigste kostet 99 Cents, der teuerste 5,74 US Dollar. Frau Hocking ist durch ihre Bücher im Alter von 26 Jahren Millionärin geworden.

    Okay, im deutschsprachigen Raum ist die Leserschaft deutlich kleiner - aber auf jeden Fall ist das Vermarkten über Kindle für die Autoren viel lukrativer. Einen Verlag, eine Druckerei, eine Setzerei, einen graphischen Betrieb und einen Papierlieferanten braucht man nicht mehr.

    Die Aufbereitung als E-Book ist kinderleicht, die Gestaltung über kostenlose Online-Tools und Opensource-Programme ebenso und kann in eigenregie erfolgen.

    Allenfalls für die Werbung muß man noch ein wenig Geld in die Hand nehmen, aber selbst dieser Betrag ist überschaubar.

    Es ist der Alptraum der Verlags- und Buchbranche. Ich weiß wovon ich rede - ich habe selber noch Buchhändler gelernt.

  • T
    Tino

    Und? Gibt es ein taz abo über Amazons Kindle shop?