Am Wahlkampfstand (1): Die Linkspartei: Begehrte Ballons
Die Linkspartei wirbt auf einem Pankower Straßenfest mit bunten Werbeutensilien um Stimmen.
Ein roter Luftballon. Noch einer. Und noch einer. Und dann zur Abwechslung mal ein blauer. Stefan Liebich, Bundestagsabgeordneter der Linkspartei aus Pankow, steht an einer Straßenecke am Pankower Rathaus und verteilt Luftballons im Akkord. Um ihn herum lassen sich Besucher vom "Fest an der Panke" zwischen Würstchenstand und Karussell treiben, ein scharfes Zischen, wenn ein neuer Ballon gefüllt wird, unterbricht die Panflötenmusik von der gegenüberliegenden Straßenseite.
Liebich hat keine Zeit für Karussell und Würstchen, es ist Wahlkampf, am Sonntag wird das Abgeordnetenhaus neu gewählt und für seine Partei sieht es nicht gerade gut aus. Ein Grund mehr, Luftballons an Kinderhände zu binden, nach einem kurzen Blick zu den Eltern, ob die das auch in Ordnung finden. Finden sie. Eine Mutter sagt: "Uns geht es nicht um die Politik, sondern um die Farbkombination."
"Bei diesen Festen geht es zu 75 Prozent um Luftballons", sagt Liebich. Und Kugelschreiber, Bonbons, Brillenputztücher und all das, was sonst noch so auf dem Wahlkampfstand liegt. Manche fragen gar nicht erst nach einem Wahlprogramm oder Flyern der Kandidaten, sie gehen hin, greifen sich einen Stift - und sind weg.
Nicht so eine junge Frau, die Liebich anspricht: "Warum sollte ich als Erstwählerin die Linken wählen?", fragt sie. Für Liebich ist das Routine. Er erzählt von Solidarität und Gerechtigkeit und was ein Sozialticket für eine Gesellschaft bedeutet. Die Erstwählerin ist zufrieden und zieht weiter zu den benachbarten Grünen.
Dort ist mittlerweile deren Spitzenkandidatin Renate Künast angekommen, der Pulk an Schaulustigen versperrt den Gehweg. Bei der Linkspartei ist es ruhiger, Liebich knibbelt einen NPD-Aufkleber von einer Laterne ab, die BVV-Kandidatin Katrin Maillefert füllt noch ein paar Luftballons mit Gas. Vorrat.
Dann ist es auf einmal, als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Ein beleibter Mann mit Bart will über das Wahlrecht ab Null sprechen. Ein anderer beginnt das Gespräch mit "eigentlich will ich die Linken gar nicht wählen", bleibt dann eine Viertelstunde und unterhält sich über das Vergabegesetz, über Arbeitsmarkt und Mieten. "Und sie möchte gerne, dass Autos viereckige Räder haben", sagt er zum Schluss und deutet auf Künast am Nachbarstand. Eine ältere Frau, elegant gekleidet, sagt, sie wisse nicht, wen sie wählen werde, aber CDU und SPD gingen ja wohl gar nicht.
Arbeit, Mieten, das seien die Themen, mit denen die Menschen ankämen, sagt Regine Delorme, die gerade eine neue Packung Kugelschreiber auf dem Tisch ausleert. Die blauen Luftballons mit der Friedenstaube sind alle verteilt. Liebich verweist eine Familie an den Stand der CDU am anderen Ende des Festes - solange es nur um die Farbe gehe.
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