Am Sonnabend feiert das verdienstvolle Label L‘Age D‘Or sein 15-jähriges Bestehen : Jetzt doch Schulterklopfen
Als sich Carol von Rautenkranz und Pascal Fuhlbrügge Mitte der 80er kennen lernen, eint sie nicht nur die Unzufriedenheit über die Hamburger Konzertlandschaft, sondern auch der Wille, daran etwas ändern zu wollen. „Wir haben damals gesehen, dass es hier eine ganze Menge Bands gibt, die auch nicht schlechter sind als eine durchschnittliche SST-Band. Die wurden damals immer abgefeiert und es kamen mindestens 150 Leute auf die Konzerte. Bei den Hamburger Bands kamen immer nur 30“, erinnert sich von Rautenkranz. Ein simples Rechenexempel: „Deswegen die Idee, vier unterschiedliche Bands aus vier unterschiedlichen Kreisen zu nehmen, dann hat man schon mal 120. Und wenn jeder noch jemanden mitbringt, mindestens 240. Und das ist auch immer aufgegangen.“
Von 1986 bis 88 versorgen sie – schon unter dem Namen L‘Age D‘Or – das Hamburger Publikum in der Werkstatt 3 zunächst erfolgreich mit alternativer Live-Musik, bis sie den nächsten Schritt wagen: „Konkret festgemacht hat sich das an Der Schwarze Kanal. Das gibt es ja immer wieder, dass es in einer Stadt ein paar Labels gibt, aber irgendeine gute Sache fällt immer durchs Raster, weil es zu keinem so richtig hingehört. Das war unser Aufhänger. Und dann kam eben noch meine Band, Kolossale Jugend, und Carols Synthie-Pop-Band Die-Gants dazu“, beschreibt Fuhlbrügge die Labelgründung von L‘Age D‘Or, der kurz zuvor eine Kassettenveröffentlichung mit 16 Bands der Konzertreihe vorausging.
Der 22. Oktober 1988 gilt als offizieller Gründungstag: Die Single „Kein Schulterklopfen“ von Kolossale Jugend erscheint. „Mit deutschem Gesang konnte man Leute fürchterlich auf die Palme bringen“, erinnert sich Fuhlbrügge an die Zeit nach der Neuen Deutschen Welle, „als das alles noch irgendwie eklig war. Aber für mich hat das eben genau damals Sinn gemacht.“ Wenn auch das folgende Debütalbum Heile heile boches von Diedrich Diederichsen in der Spex 1989 als „beste Platte der Welt“ geadelt wurde, „mit vor allem einem völlig einzigartig- originellen Stümmeldeutsch“ von Sänger Kristof Schreuf, waren die anderen Bands des noch jungen Labels – Ostzonensuppenwürfelmachenkrebs, We Smile, Der Schwarze Kanal, Die-Gants oder Hallelujah Ding Dong Happy Happy – zwar allesamt aus Hamburg, sangen aber auf Englisch.
Doch es dauerte nicht lange, bis L‘Age D‘Or der Ruf als „Hamburger-Schule-Label“ vorauseilte: Mit Huah!, Die Regierung, den inzwischen Deutsch singenden OZSWMK, und zuletzt Die Sterne und Tocotronic lieferten sie die Schablone, die vor allem Journalisten gerne über ihre Texte legten. „Es nervte schon, als Label auf deutschsprachig und Hamburg festgenagelt zu werden“, meint von Rautenkranz. „Wir haben sehr früh bewusst versucht, Bands von außerhalb zu machen.“ Einen typischen L‘Age-D‘Or-Sound gab es trotzdem nie. „Es geht darum, dass die Musik eine Eigenständigkeit hat. Und wir müssen das Gefühl haben, dass wir mit den Künstlern langfristig zusammenarbeiten können“, erläutert von Rautenkranz die Kriterien seines „alternativen Pop-Labels“.
15 Jahre sind seit der ersten Veröffentlichung vergangen, mittlerweile ist L‘Age D‘Or von der „Idee von zwei Leuten, die was auf die Beine gestellt haben“ – Fuhlbrügge verließ das Label Mitte der 90er – zu einer nicht mehr weg zu denkenden Institution mit derzeit neun Mitarbeitern geworden. Zum Jubiläum steht eine Überraschung auf dem Programm: Nach zehn Jahren erwartet uns eine One-Night-Only-Reunion der Beat-Punker Huah! (Foto) um Knarf Rellöm. Es darf gejubelt werden.
WIEBKE ANABESS KUHN
„15 Jahre L‘Age D‘Or“ mit Die Sterne, Superpunk, Huah, Stella, Spillsbury, Von Spar, Arne Zank, Richard, Ascii.Disko (DJ-Set), Lado-DJ-Team: Sa, 20 Uhr, Phonodrome