■ Am Rande: Spaniens Medienzar vor Gericht
Madrid (taz) – Es begann mit einem Artikel in der Wochenzeitschrift Epoca und endete mit einer Klage gegen die gesamte Führungsspitze des spanischen Mediengiganten Prisa und Tochter Sogecable: Das hauseigene Pay-TV, der spanische Canal+, habe die von Kunden für die Decoder hinterlegte Kaution für Investitionen mißbraucht und sich so eine Finanzspritze von 280 Millionen Mark genehmigt, lautet die Anschuldigung von Epoca-Herausgeber Jaime Campmany. Ein Rechtsprofessor der Madrider Universität griff die Informationen auf und fand einen Richter, der auch gleich zur Tat schritt.
Einer Durchsuchung der Büroräume von Sogecable folgte eine Vorladung für Prisa-Chef Jesús Polanco und 19 seiner leitenden Angestellten. „Unrechtmäßige Aneignung, Fälschung und Betrug“, lautet die Anklage. Die Betroffenen – darunter Vertreter einiger der wichtigsten Banken Spaniens – dürfen das Land bis Ende der Ermittlungen nicht verlassen, ebenso die Kontaktmänner zum französischen Canal+, der am spanischen Pendant beteiligt ist.
„Alles Lüge. Immer wenn jemand kündigt, zahlen wir prompt die Kaution zurück“, verteidigt sich Canal+-Direktor Carlos Abad. Und Prisa erstattete Anzeige gegen Epoca und die Zeitung El Mundo, die die Vorwürfe gegen Prisa im wesentlichen übernommen hatte, wegen übler Nachrede und Geschäftsschädigung.
Epoca-Herausgeber Jaime Campmany ist kein Unbekannter. Bevor er 1985 das sensationalistisch ausgerichtete Politmagazin übernahm, war er enger Mitarbeiter der Chefredaktion der Tageszeitung Arriba, als Zentralorgan der spanischen Faschistenorganisation Falange das wichtigste Blatt der Franco-Diktatur. Epoca und El Mundo engagieren sich seit Monaten für ein halböffentliches Digitalfernsehen, das die Regierung des Konservativen Aznar mit Hilfe des spanischen Staatssenders RTVE und der Telefongesellschaft Telefónica aus der Taufe heben will. Schärfster Konkurrent: Canal Satelite Digital aus dem Hause Prisa, der schon seit einem Monat sendet. Reiner Wandler
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