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Am Besten mit Zahnpasta

■ In Neil Simons „Ein ungleiches Paar“ im Packhaustheater erfährt man wie New YorkerInnen plaudern und wie oft Pinguine vögeln

„Oh, Gott! Florence ist losgegangen, um sich umzubringen. Was sollen wir tun?“ „Ach was, die ist viel zu ängstlich, die schnallt sich sogar im Autokino an.“ Hihi. Al Bundy? Roseanne? Amerikanische Sitcoms erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit. Sie leben von Schadenfreude, Lästerwitzen und heiteren Lachern seitens der unsichtbaren Zuhörerschaft. An einem tieferen Sinn gibt es nur mäßiges Interesse.

So verlief auch der Mittwochabend im Packhaustheater. Das Bremer Amateurtheater „Phönix“ gastierte im Schnoor mit „Ein ungleiches Paar“, einer Komödie von Neil Simon. Die weiblich besetzte Variante von „Ein seltsames Paar“ mit Jack Lemmon und Walther Matthau sollte es werden. Während die Filmmänner aber zu einer gewissen Selbstironie fähig waren, konzentriert sich Simons Stück auf einen Pointenmarathon, der vorrangig die gegenseitige Herabsetzung der Frauen im Auge hatte. „Bitte lieber Gott, mach, dass ich nicht sterbe.“ „Lieber Gott, mach, dass sie den Mund hält.“

Auch die Handlung ist schnell erzählt. Mickey, Sylvie, Vera, verheiratet, gönnen sich ab und zu einen Weiberabend bei Olive, geschieden. Nachdem ausgiebig über Olives schlechtes Catering mit alten Chips und Sandwiches gelästert und ihr Helferkomplex gegenüber dem Ex-Ehemann als verbotene Schwäche abgeurteilt wurde, leckten sich die Damen die Lästerlippen über ihr fünftes Rad am Wagen. Die soeben vom Ehemann verlassene Florence, Hausfrau und Mutter. Nach 14 Jahren, wie bedauerlich. „Hoffentlich bringt sie sich nicht auf dem Klo um. Sie könnte sich ja mit dem Schiebefenster guillotinieren.“ Wer soll dieses plappernde, putzende, bevormundende und hypochondrische Nervenbündel aber auch aushalten? Völlig logisch Olive. Die unordentliche, östrogengesteuerte Olive. Besser einen hysterischen Jammerlappen im Haus als allein sein, denkt sie sich und bietet Florence ein Zimmer in ihrem Appartement an.

Nach drei Wochen ist die WG-Schmerzgrenze jedoch schon erreicht, und die Wohnungseigentümerin schmeißt Florence nach einem vermasselten Abend wieder raus. „Flo“ hatte keine Lust auf das Date mit einer ebenso ungleichen Notgemeinschaft ein paar Stockwerke höher. Der unordentliche, versoffene Schweizer Marcel mimt Olives männliches Gegenstück, und der von seiner Consuelo sitzengelassene Spanier Jesus (Chäsus) findet beim gemeinsamen Heulen in Florence eine Leidensgenossin. Am Ende nehmen die Männer „diese sensible Frau“ bei sich auf. Dann beschallt Marlene Dietrichs „Wer wird denn weinen, wenn man auseinander geht“ den Saal.

Nach begeisterten Ovationen erheben sich in der zweiten Reihe immer noch gackernde Mittvierzigerinnen, die auch die Freundinnen auf der Bühne sein könnten. Zierlich, mit kurzem Blondhaar wie Olive die eine, stämmig und bieder wie Florence die andere. Und plötzlich wimmelt es von Frauen, vom Mickey-, Vera- und Sylvieformat. „Am besten fand ich, als Olive die Florence mit Zahnpasta statt Mobilat massiert hat.“ Man sieht sie förmlich in weiblicher Eintracht um ein Ratespiel sitzen, sich gegenseitig Fragen stellend wie: „Wie oft hat ein Pinguin Sex im Jahr?“ Und eine freche wie Sylvie würde dann sagen: „Oh, nur einmal, tja dann bin ich mit einem Pinguin verheiratet.“ Mit Alkohol besser zu ertragen als ohne. Maria Hufenreuter

Noch bis zum 7. April, aber telefonisch unter: (0421) 326054 vorbestellen, da einige Vorstellungen schon ausverkauft sind.

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