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Altmaier und die EnergiewendeGroße Baustellen auf hoher See

RWE stellt ein riesiges Schiff in Dienst, um Windräder auf See zu errichten. Der neue Umweltminister Altmaier soll dafür sorgen, dass es genutzt wird.

Schiffstaufe der „Victoria Mathias“ in Bremerhaven. Bild: dapd

BERLIN taz | Am Dienstag drückt Bundespräsident Joachim Gauck Peter Altmaier (CDU) seine Ernennungsurkunde als Bundesumweltminister in die Hand. Und prompt hat der Nachfolger des entlassenen Norbert Röttgen (CDU) ein großes Problem an der Nordseeküste: Es ist 100 Meter lang, 100 Millionen Euro teuer und hat einen Kran an Bord, der Bauteile von bis zu 1.000 Tonnen Gewicht direkt im Meer zu Windkraftwerken zusammensetzen kann.

„Victoria Mathias“ nennt der Stromkonzern RWE sein neues Riesenschiff, mit dem er in den nächsten Jahren Windparks auf See errichten will. „Die Politik ist jetzt am Zug, wir dürfen keine Zeit mehr verlieren“, sagte ein Konzensprecher gestern am Rande der Eröffnung. Er meint damit eine der ersten Baustellen, auf denen Altmaier für Klarheit sorgen muss: Windkraftwerke auf See sind nach Vorstellungen der Bundesregierung eine der zentralen Pfeiler der Energiewende. Doch der Ausbau stockt, vor allem, weil der Netzbetreiber Tennet und der Siemens-Konzern damit überfordert sind, rechtzeitig die notwendigen Stromleitungen im Meer zu verlegen.

Beispiel RWE-Schiff: Es soll zunächst den Windpark Nordsee Ost errichten – 48 Windturbinen nördlich von Helgoland mit einer Leistung von 295 Megawatt. Sie erzeugen pro Maschine wesentlich mehr Strom als auf Land, allerdings teurer. RWE baut den Windpark wesentlich langsamer als geplant, weil der Netzanschluss nicht fertig wird. Die Verzögerung kostet laut RWE bis zu 100 Millionen Euro. Schließlich sind Turbinen und Fundamente bereits geordert.

Wer dafür haftet, ist bisher unklar. Das Problem ist in der Branche schon lange bekannt: Wenn sich eine der Firmen in der umfangreichen Lieferkette verkalkuliert, sind auch die Investitionen aller anderen gefährdet. Theoretisch könnte die Bundesnetzagentur die Kosten für die fehlenden Netzanschlüsse auf See den verantwortlichen Firmen Siemens und Tennet aufbrummen – was dringend gesuchte Investoren aber abschrecken würde. Deshalb kursiert bereits seit einer Woche ein Gesetzentwurf: Wird ein Windpark nicht rechtzeitig ans Netz angeschlossen, werden die Kosten zum überwiegenden Teil auf die Stromkunden umgelegt, also der Allgemeinheit aufgebürdet. Die Vorlage des Gesetzes lieferte eine Arbeitsgruppe aus Industrie und zuständigen Ministerien. Seine erste große Baustelle könnte Altmaier also relativ schnell schließen.

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3 Kommentare

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  • TD
    THOMAS D

    Lieber Herr Ingo Arzt,

     

    Sie beschreiben über dieses Vorhaben der CDU, erneut ein Siemens-Gesetz auf den Weg zu bringen, als die normalste Sache der Welt. Es kann und darf nicht sein, dass die Allgemeinheit für den Atomlobbyisten Siemens nun die Rechnungen bezahlt, weil dieser jahrelang grüne technologische Lösungen ignoriert und vernachlässigt hat. Hier nur von einem Skandal zu sprechen wäre beinahe noch untertrieben. Und Sie ignorieren diesen Aspekt beflissentlich. Weshalb??

  • TL
    Tobias Linke

    Na, herzlichen Glückwunsch!

     

    Wahrscheinlich wird bei dieser Gesetzesvorlage aber gleichzeitig die Industrie (Hauptprofiteure des EEG wegen der seither so niedirgen Stromgroßhandelspreise) aus der Finanzierung ausgeschlossen.

    Ich hätte das auch gerne in meinem Unternehmen. Ich werde nicht fertig und die dadurch verursachten Schaden bei meinen Kunden übernimmt dann Vater Staat, an dessen Finanzierung ich mich aber am besten nicht beteilige.

     

    Das eigentliche Problem ist wohl eher die Windkraftverweigerung onshore und ein zögerliches Repowering. Das läge aber tasächlich in den Händen der Union.

  • DQ
    Der Querulant

    Na ja, ist doch logisch, daß der Steuerzahler, nachdem er schon die Verluste der Zocker in Banken und an Börsen zahlen muß, nun auch das Unvermögen der Wirtschaft und damit deren Verluste zahlen soll. Gleiches Recht für alle.

     

    Die Frage, warum keine Windparks auf kahlen Bergen mit wesentlich einfacherer und kostengünstigerer Netzanbindung gebaut werden, die stellt sich wohl nicht.

     

    Warum der private Energieerzeuger immer mehr das Nachsehen hat, ist dagegen keine Frage. Die Monopole sollen geschützt und der private Verbraucher soll auch zukünftig den Strom für die Wirtschaft subventionieren. Denn ökologisch ist, wenn der, der viel verbraucht, möglichst wenig zahlt. Halt! Da stimmt doch was nicht. Da hat die Grünpartei wohl Ökologie mit Ökonomie verwechselt.

     

    Na ja, Altmaier wird's schon richten.