Althaus schlachtet Unfall aus: Im Wahlkampf hilft nur Beten
Dieter Althaus ist zurück in der Politik, noch bevor er endgültig das Krankenbett verlassen hat. Er praktiziert Wahlkampf via Bild-Zeitung. Seine Gegner ärgern sich - vollkommen zurecht.
Früh wurde darum gebeten, "den tragischen Unfall" nicht im Wahlkampf zu thematisieren, ihn nicht gegen den CDU-Ministerpräsidentenkandidaten Dieter Althaus zu verwenden. Leicht wäre es gewesen für die politischen Gegner, ihn als Geisterfahrer darzustellen, verantwortungslos, verurteilt wegen fahrlässiger Tötung. Aber sie haben eher stillgehalten.
Dafür breitet Althaus sich und sein Seelenleben nun umso offensiver aus - und münzt "den tragischen Unfall" um, passgenau für die christdemokratischsoziale Stammwählerschaft in Thüringen, wo Althaus gegen die gottlose Linke antritt, aber auch in Baden-Württemberg, Hessen oder Bayern. Schuld, nein, schuldig am Tod von Beata C. sei er nicht, aber die Verantwortung trage er.
Althaus schafft sich eine neue Rolle zwischen Täter und Opfer, die des tragischen Irgendwie-wie-weiß-ich-nicht-Beteiligten. Mitleid heischend breitet er seine Befindlichkeiten aus und besinnt sich wieder, seiner Frau und seines Glaubens. Ganz so, wie diejenigen sich das wünschen, denen das C in CDU/CSU wichtig ist. Tragisch, katholisch, für die Familie und den Mittelstand, das kriegt derzeit in der Union keiner so geballt hin, schon gar nicht die Kanzlerin.
Dabei ist überhaupt nichts dagegen zu sagen, dass Dieter Althaus gerne betet, seine Frau liebt, an Familie und Mitmenschlichkeit glaubt. Wohl aber dagegen, wie er all das ausstellt, in der Bild, der ständigen Vertretung des LOsservatore Romano in Berlin.
Wie sehr all das Wahlkampf ist, zeigt, dass er zwar Verantwortung übernehmen will, nicht aber die Schuld. "Ich spüre, dass es beides gibt, die Verantwortung und das Bekenntnis ebenso wie die Vergebung", sagt er mit Wahlkampfrhetorik. Verantwortung aber ist keine Glaubenskategorie, Schuld schon, die vielleicht katholischste.
Einen Pharisäer hätten sie einen wie Althaus früher genannt. Heute empfiehlt sich als Wahlkampfauftritt eine Reise nach Rom. Der Papst vergibt gerne, gerade jenen, die sich keiner Schuld bewusst sind.
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