: Altes Monster-Ego
■ Godzilla zu Gast bei den Hamburger Filmgesprächen im Metropolis-Kino
Monster sind nicht einfach Monster. Schon gar nicht, wenn sie wie Godzilla entlang der Kinoleinwand trampeln und die Pappmaché-Welt unter sich zu Klump treten. So sahen es am Freitag jedenfalls die Film-promis Michael Fahrin und Jörg Buttgereit. Im Rahmen der Hamburger Filmgespräche schrieben die beiden Kino-Denker den japanischen Ungeheuern der letzten 30 Jahre mit mehr oder minder tiefenAusführungen ihren Platz in der Filmgeschichte zu. Die Fans und Fachleute im Metropolis-Kino waren sich einig, das sei Zerstörung mit Kalkül gewesen. Das Ergebnis ihrer Feierabend-Recherchen lieferten die beiden Cracks in Form ihres Buchs Monster aus Japan greifen an. Godzilla, Gamera & Feinde (belleville verlag, München 1998, 180 S., 39.80 Mark) gleich mit.
„Trash & Theorie“mit klarer Aufgabenverteilung stand auf dem Programm:Totmacher-Co-Autor Fahrin sollte die intellektuelle Basis schaffen, auf der sich Buttgereit dann als Fachmann des Obskuren über Sinn und Unsinn der über 50 Godzilla-Epen breitmachen konnte. Daß da mehr Fans am Werk waren und die Sache mit der Theorie manchmal leicht ins Hintertreffen geriet, mag auch am harmlosen Charakter des Monsters selbst gelegen haben. Zu Beginn hagelte es eine Reihe von meisterhaft-miesen Monster-Trailern. Berechtigte Heiterkeit, denn in erster Linie funktioniert derartige Trivial-Kultur nach dem Prinzip des gemeinsamen Nenners darüber, was im guten Sinne schlecht ist. Danach der volle Ur-Godzilla-Streifen von 1954: Erweckt durch gewissenlose Atomversuche wirkt der 90minütige Durchmarsch des Kunststoff-Sauriers laut Buttgereit und Fahrin gleich auf zwei Ebenen: einmal als aggressive Personfikation des verdrängten Ichs und zum zweiten als direkte Kompensation Japans auf die zuvor erfahrene Nuklearkatastrophe. Viel Wirbel um einen „kleinen, schwitzenden Japaner im Gummikostüm“(Buttgereit). Wie gut, daß wir das jetzt schwarz auf weiß haben. Oliver Rohlf
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