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Alternativen zum EhegattensplittingEine Frage des Familienmodells

Wie sollen Ehepaare Steuern zahlen? Darüber streiten Politiker: Beide zusammen? Jeder für sich? Die Vor- und Nachteile der Modelle im Überblick.

Läuft da was? Parteien versprechen, das Frauen-Rollenmuster zu ändern Bild: dpa

BERLIN taz | Die unterschiedliche Steuer für verschiedene Familienmodelle wird Thema im Bundestagswahlkampf. Die Union will homosexuellen Paaren die Vorzüge des steuerlichen Ehegattensplittings vorenthalten.

Zugleich propagieren die CDU-Bundesministerinnen Ursula von der Leyen und Kristina Schröder nun ein Familiensplitting. Dieses lehnen SPD, Grüne und Linke ab, weil sie darin eine fortdauernde Benachteiligung berufstätiger Frauen sehen. Was verbirgt sich hinter den verschiedenen Modellen?

Ehegattensplitting

Das heutige Ehegattensplitting funktioniert so: Auf das geringe Einkommen eines Berufstätigen erheben die Finanzämter niedrige Steuersätze ab 14 Prozent. Je höher der Verdienst liegt, desto mehr steigt der Steuersatz. Wer viel verdient, zahlt viel – bis zu 45 Prozent seines zusätzlichen Einkommens muss er abgeben. Bei verheirateten Paaren allerdings wird dieses Prinzip teilweise außer Kraft gesetzt. Verdient beispielsweise der Mann viel und die Frau wenig, werden beide Verdienste zusammengerechnet und durch zwei geteilt.

Vor- und Nachteile: Dadurch zahlt der gut verdienende Mann einen geringeren Steuersatz als alleine. Die schlecht verdienende Ehefrau hingegen muss auf ihr niedriges Einkommen einen höheren Steuersatz entrichten als bei individueller Veranschlagung. Der Effekt: Weil auf schlechten Verdienst eine hohe Steuer erhoben wird, haben viele verheiratete Frauen wenig Anreiz, mehr zu arbeiten. Das veraltete Mann-Frau-Rollenmuster bleibt erhalten. Das wichtigste Argument für diese Variante lautet: Die Ehe ist ein gemeinsamer Wirtschaftsbetrieb.

Familiensplitting

Ein Vorbild für das Familiensplitting ist Frankreich. Das gemeinsame Einkommen eines Ehepaares wird nicht einfach halbiert, sondern auch die Zahl der Kinder spielt eine Rolle. Bei einer vierköpfigen Familie wird der Verdienst beispielsweise durch drei geteilt. Vor- und Nachteile: Häufig wird argumentiert, dass Kinder besser berücksichtigt werden könnten als beim Ehegattensplitting.

Andererseits lässt sich diese Wirkung auch mit Freibeträgen erreichen, wie sie in Deutschland üblich sind. Grundsätzlich jedoch bleibt beim Familiensplitting die Benachteiligung der schlecht verdienenden Ehefrau erhalten, wenn auch weniger stark als im Ehegattensplitting. Der Staat hätte bei dieser Variante zunächst weniger Einnahmen als heute.

Individualbesteuerung

Für die Individualbesteuerung gelten Schweden, die Niederlande und Österreich als Beispiele. Dort gibt es keine Verteilung individueller Verdienste auf die Mitglieder einer Familie. Jeder Berufstätige zahlt den individuellen Steuersatz auf sein Gehalt. Wer viel verdient, viel. Wer wenig verdient, wenig. Kinder werden mittels Freibeträgen oder Steuerabzügen einberechnet.

Der Vorteil: Frauen haben einen höheren Anreiz zu arbeiten. Das bringt die Gleichberechtigung voran. Die Zahl der Erwerbstätigen steigt, was das Wirtschaftswachstum stützt. Nachteil: Für Gutverdiener steigt die Steuerbelastung erheblich. Deshalb ist die FDP dagegen. Doch SPD, Grüne und Linke fordern Varianten der Individualbesteuerung.

Was die Opposition will

Weil das Grundgesetz die Ehe schütze, könne man das Ehegattensplitting nicht einfach abschaffen, so die SPD. Für bereits geschlossene Ehen soll das Splitting weitergelten können. Für neue Eheverträge dagegen will die SPD „einen Partnerschaftstarif einführen, bei dem beide Partner individuell besteuert, die gegenseitigen Unterhaltsverpflichtungen aber berücksichtigt werden“, steht im sogenannten Regierungsprogramm.

Für die Grünen sagt deren frauenpolitische Sprecherin Katja Dörner, man befürworte eine Individualbesteuerung mit übertragbarem Grundfreibetrag des nicht arbeitenden Partners auf den Ernährer. Das Modell solle schrittweise eingeführt werden.

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12 Kommentare

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  • S
    Steuerbürger

    Ehepaare werden bei der Einkommensteuer in der Regel gmeinsam veranlagt. Würde man die Einkünfte dann nach der Grundtabelle besteuern, wurde ein Paar nach der Hochzeit mehr Steuern zahlen als vor der Hochzeit. Das Splitting ist an die gemeinsame Veranlagung von Ehepaaren gekoppelt.

     

    Eine Abschaffung macht keinen Sinn. Man könnte allerdings die Möglichkeit der gemeinsamen Veranlagung abschaffen. Dies hätte zur Foge, dass Ehepaare mit gleichem Einkommen, aber ungleicher Verteilung unterschiediche Steuern zahlen. Dies widerspricht aber der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit, da ein ehepaar eine Wirtschaftseinheit ist.

  • U
    umfairteilen

    @Fabienne

     

    http://www.zeit.de/politik/deutschland/2013-03/ehegattensplitting-familien

     

    So funktioniert Agendasetting. Eine angeblich benachteiligte Minderheit (in diesem Fall die Alleinerziehenden, vorher die Homosexuellen) wird gegenüber der Mehrheit ausgespielt. Ziele sind Steuererhöhungen für die Mehrheit der Familien und wenn diese erreicht sind, eine vollständige Privatisierung der Alters und Darseinsfürsorge.

     

    Was nichts anderes heißt als noch mehr prekärere Familienverhältnisse noch mehr Scheidungen und Vereinzelung.

     

    Alleinerziehnde zahlen nicht mehr Steuern oder Krankenversicherungsbeiträge als Ehepaare. Das ist völliger Quatsch !

     

    In der Summe sind sie viel teuerer. Sie sind oft auf Sozialhilfe angewiesen bzw. zahlen gar keine Einkommensteuer und viele kommen aus dieser prekären Lage gar nicht mehr heraus.

    Eine Steuerreform dient den meisten überhaupt nicht.

    Eher Kindergelderhöhung oder Kindergrundsicherung oder gleich ganz utopisch ein Grundeinkommen.

     

    Dass hier Hilfe nottut, gar keine Frage.

     

    Aber die Hilfe kann doch nicht sein, dass noch mehr Mütter auf den engen Arbeitsmarkt gezwungen werden und 400Eurojobs nachfragen. Somit also Alleinerziehenden die Voll/Teilzeitarbeitsplätze streitig machen, für noch mehr Lohndumping sorgen und selbst an Burn-Out durch Doppelbelastung erkranken.

     

    Dies ist eine unheilvolle Spirale und erhöht die Zahl der Alleinerziehenden.

     

    Wir befinden uns in einem Kriegszustand mit den agendasetzenden Eliten. Jeder wird gegen jeden ausgespielt. Neid ist eine nur allzu menschliche Regung. So lang sich das Volk zerfleischt wird es nicht eine gerechte Umverteilung fordern.

     

    Haben Sie sich auch die 651 Kommentare zu dem Zeit- Artikel angesehen ?

  • F
    Fabienne

    Splitting ist ungerecht. Ein reicher Macho mit Hausfrau zahlt viel weniger Steuern als ein Single mit Kindern. Er muss nur die Hälfte Steuern zahlen, weil das Einkommen gesplittet wird. Das muss abgeschafft werden!!! In der Zeit-Onlinet steht dazu auch ein sehr guter Artikel: "Weg mit dem Spliiting!". Einfach mal lesen, wer's immer noch nicht kapiert!

  • DL
    dem lentz

    @Michael

    dieser kult ist ja nicht mit einer spezifischen sekte oder religion verbunden sondern in vielen (nicht allen)vorhanden und für sich stehend wirksam

    deshalb ist ziemlich egal wer den zeremonienmeister giebt

    ob christlich, hindu oder staatlich(wie im alten rom) - es bleibt eine religiöse handlung, was man auch an den "auflösungsforschriften" erkennen kann

    das ändert einiges in beziehungen

    ich habe viele an dieser veränderung zerbrechen sehen

    trotzdem soll man in diesen kult hineinbestochen werden

    seine verankerung im grundgesetz hebelt jegliche sekularität und weltanschauliche neutralität des staates aus - sie schadet

     

    @Happytaxpayer

    sie beschreiben exakt die situation unverheirateter

    100% pflichten

    0% daraus resultierender rechte

  • GB
    Georges Bataille

    Äh ja...da wird die ganze Diskussion um die sogenannte "Homo-Ehe" jetzt doch nur geführt, damit man steuer- und erbrechtlich gleichgestellt wird, sprich auch Steuern spare udn für den anderen Verantwortung übernehmen kann, und die Regierung will diese vom Grundgesetz eigentlich fest gelegte Gleichstellung mit dem Kindergeld und Familienförderung verbinden? Das darf doch nicht sein.

     

    1. Seit Jahrzehnten haben heterosexuelle Paare, die kinderlos sind oder waren, von diesem Steuerbonus profitiert, wenn man ehrlich ist, hat bestimmt ein großer Teil dieser Paare wegen der steuerlichen Ersparnisse geheiratet. Und nun soll das im Zuge einer Gleichstellung zu homosexuellen Paaren (man betone: Gleichstellung!) wegfallen?

     

    2. Indem die Frage der Gleichstellung mit dem Kindergeld verknüpft wird auf eine ganz merkwürdige Art fast schon Hetze gegen homosexuelle Paare gemacht. Das wird so kommen, dass ein großer Teil der Bevölkerung homo bzw bisexuelle Menschen anklagen wird, dass sie "die Kinderbetreuung und das "Wohl des Kindes" somit doch eher schaden würden.

     

    Das keiner das bei der TAZ sieht, dass dort ganz bewusst gegen eine Personengruppe werden soll, ist mir schleierhaft. Wo bleibt der ansonsten so streitlustige Jan Feddersen, wenn er mal ausnahmsweise wirklich meckern müsste?

  • U
    umfairteilen

    Natürlich macht eine Induvidualsteuer in einem progressiven Steuersystem keinen Sinn.

     

    Dies wußten auch die Schweden. Desshalb sind in Schweden die Progressionsstufen eher im unteren Bereich der Niedrigverdiener zu finden. Ungerecht ??

     

    Ja, es ist ungerecht, noch ungerechter wie das Elterngeld .(eine schwedische Erfindung, die Niedrigverdienern das Abkindern erschweren sollte)

     

     

    Wir reden also nicht von einem Familienmodell sondern von einem Schichtmodell.

     

    Wir können aber auch von einem Lobbykartell der Oberschicht und oberen gutverdienenden Mittelschicht sprechen.

     

    Frankreicht hat ein faires sehr progressives Steuersystem. Holland macht die Eliten mit seinen Steuererhöhungsplänen nevös.

     

    Hollands Weg ist der richtige.

  • M
    Michael

    Gut, daß ich vorher schon wusste, wie das funktioniert und wie die Auswirkungen sind. Aus der aus ideologischen Gründen auf den Kopf gestellten Erklärung für das Ehegattensplitting hätte ich das nicht sofort begriffen.

    @ von dem Lenz: Vielleicht solten Sie sich doch noch mal in Ruhe informieren, wie das läuft mit standesamtlicher / kirchlicher Hochzeit.

  • H
    Happytaxpayer

    Eine Abschaffung des Ehegattensplittings würde alle Ehepaare benachteiligen, bei denen die Partner unterschiedlich hohe Einkünfte haben. Sie müssten dann künftig teilweise Tausende Euro mehr an Einkommensteuer bezahlen als Ehepaare mit demselben Eheeinkommen, bei denen beide Ehepartner gleichviel verdienen. D.h. 1x45.000 Euro + 1x15.000 Euro (z.B. Vollzeitbeschäftigung mit Mindestlohn von 8,5 Euro pro Stunde) bedeutet höhere Steuerbelastung als 2x 30.000 Euro. Benachteiligt wären auch alle Ehepaare, bei denen

    - beide Ehepartner unterschiedliche Qualifikationsniveaus haben oder

    - ein Ehepartner teilzeitbeschäftigt ist.

     

    Besonders belastet wären Ehepaare, bei denen ein Ehepartner keine eigenen Einkünfte bezieht, weil

     

    - langzeitarbeitslos ist,

    - schwer erkrankt ist,

    - studiert oder in Weiterbildung ist,

    - Kinder betreut,

    - nahe Familienangehörige pflegt,

    - keine eigenen Rentenansprüche besitzt.

     

    Die Abschaffung des Splittings bestraft jedwede Ungleichheit in der Ehe. Sollen Ärzte nur noch Ärzte, Rechtsanwälte nur noch Rechtsanwälte oder Lehrer nur noch Lehrer heiraten? Solche Ehepaare hätten künftig immense Steuervorteile gegenüber Paaren mit ungleichem Einkommen. Ob das gerecht ist?

  • DL
    dem lentz

    wenn überhaupt

    dann bitte bedarfsgemeinschaftssplitting

    wie komme ich dazu mich religiös kultischen handlungen (hochzeit)unterwerfen zu müssen um nicht nur die volle verantwortungsverpflichtung für meinen partner zu tragen sondern auch die daraus sich ergebenden rechte geniessen zu können?

  • Z
    Zyniker

    In Frankreich, das allgemein als frauenfreundlicher und kinderfreundlich angesehen wird, ist die Besteuerung sehr einfach.

     

    Das GESAMTE Familieneinkammen wird zusammengerechnet, die Freibeträge für allle Familienmitglieder werden abgezogen, der verbliebene Rest wird versteuert.

     

    Letztendlich entspricht das französische Model dem hiesigen Splitting.

  • K
    Kat`a

    Das Ehegattensplitting ist nicht besonders gut erklaert. Ehemann und -frau koennen auch Steuerklasse 4 waehlen und anschliessend eine gemeinsame Steuererklaerung abgeben. Dann wird zunaechst der Individualsteuersatz faellig und am Ende des Jahres kriegen beide Steuern zurueck. Im Splitting wird das gleich eingerechnet und man hat die eingesparten Steuern gleich zur Verfuegung stehen. Dann muss der Mehrverdiener(/-in) mit dem Niedrigverdiener(/-in) teilen koennen. Wenn das nicht funktioniert kann die Frau mit dem Niedrigeinkommen ja auf die Steuerklasse 4 bestehen.

     

    Wenn das Splitting die Frauen von besserbezahlten Jobs abhaelt, dann sollten Steuern generell, ob Mann oder Frau, von hochbezahlten Stellen abhalten, auch als Singles. Schliesslich muss man ja auch stets einen hoeheren Anteil an Steuern zahlen, je mehr man verdient...

  • MG
    markus gerat

    bei einer lobbyistischkontrollierten bundesregierung wie dieser, wird sich das modell durchsetzen, das die oberen 10 % entlastet, was mit dem rest ist, interessiert nicht.

    was liest man gerade an anderer stelle? "steuern runter und kindergeld weg" wieder umverteilung von unten nach oben. das viele familien mangel einkommen wenig steuern zahlen interessiert die entscheider der politik dabei wenig.