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Alternative zur RegierungSchweden will Rot-rot-grün

Schwedens Sozialdemokraten wollen mit der Linkspartei und den Grünen bei den Parlamentswahlen 2010 antreten. Schon jetzt hat Rot-Rot-Grün in Umfragen einen Vorsprung von 10 Prozent.

Schweden will jetzt Rot-rot-grün. Bild: dpa

STOCKHOLM taz Die Parteichefs der schwedischen Oppositionsparteien Sozialdemokraten, Grüne und Linkspartei haben am Sonntag verkündigt, dass sie bei den nächsten Parlamentswahlen 2010 mit einem gemeinsamen Regierungsprogramm und dem Ziel antreten wollen, eine rot-rot-grüne Koalition zu bilden. Die SchwedInnen bekommen damit eine deutliche Alternative zur jetzigen konservativen Regierungskoalition. Die muss sich warm anziehen: Rot-rot-grün liegt in allen Umfragen der letzten zwei Jahre deutlich vor der Regierung, derzeit mit einem Vorsprung von über 10 Prozent.

Erstmals in ihrer Geschichte gehen die schwedischen Sozialdemokraten mit einer Koalitionsaussage in eine Wahl. Bislang waren in Stockholm Minderheitsregierungen unter Führung der stärksten Partei üblich, falls es zu einer parlamentarischen Mehrheit nicht reichte. Diese Regierung sicherte sich jeweils Mehrheiten durch Abmachungen mit wechselnden Partnern.

Wenn sich die Sozialdemokraten von diesem Konzept verabschieden, ahmen sie ein von der jetzigen Regierung unter Fredrik Reinfeldt vorgegebenes Modell nach. Der hatte vor den Wahlen 2006 eine aus vier Parteien bestehende "Allianz für Schweden" als Alternative zu einer erneuten sozialdemokratisch geführten Regierung präsentiert.

Überraschend ist allerdings, dass sich die Sozialdemokraten die Linkspartei mit ins Boot holen. Mit dieser pflegten sie zwar über mehrere Legislaturperioden eine parlamentarische Kooperation in Einzelfragen, blieben aber auf Distanz wegen außen- und sicherheitspolitischer Differenzen. Die Linkspartei lehnt die EU ab und kritisiert die immer engere Zusammenarbeit Schwedens mit der Nato. Mona Sahlin, die dem rechten Parteiflügel zuzurechnende Vorsitzende der Sozialdemokraten hatte im Oktober angekündigt, sie strebe eine Koalition nur mit den Grünen an. Das hatte Proteste der Parteilinken, aber auch weiter Teile der Gewerkschaften zur Folge, die von dieser Konstellation einen Rechtsruck befürchten. Während die Umfragewerte für die Sozialdemokraten fielen, legte die Linkspartei zu. Sie ist nun drittstärkste schwedische Partei.

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3 Kommentare

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  • BH
    Bernhard H. Johannes Wagner

    Obwohl auch 'verwandte' Parteien verschiedener Länder nicht so einfach gleichzusetzen sind - die Linkspartei in Schweden hat andere historische Wurzeln und andere personelle Zusammensetzung, als z.B. in Deutschland - springt davon hoffentlich ein Funke über.

     

    Die geradezu kindischen Abwehrreaktionen gegen Die Linke sind sicher nicht zuletzt ein Atavismus des in Deutschland schon immer sehr tief sitzenden "Antikommunismus" und Antisozialismus" (evtl. ist sogar die DDR v.a. daran zugrunde gegangen, weil die Mehrheit ihrer eigenen Bürger eigtl. von Vornherein wenig loyal eingestellt war - und umso autoritärer meinten SED und Stasi, dies unterdrücken zu sollen & zu können, auch im materialistischen Irrtum befangen, psychologische Faktoren als bloßen "Überbau" zu unterschätzen).

     

    Schweden ist jedenfalls dringend ein solcher Wechsel zu wünschen. Nicht zuletzt der viel stärkeren Nutzung erneuerbarer Energien wäre das förderlich.

     

    So ähnlich könnte z.B. bald jedes neue

    Hochhaus in Schweden auf der Südseite aussehen:

    http://www.homesolarpowersystems.org/picture-of-solar-panels

    Auch manches alte, sanierte. Die anderen Seiten (natürlich auch das Dach) könnten fast fensterlos und extrem gut isoliert sein (wobei z.B. zwischen Nord- und Südwand nur 1 Raum und (direkt entlang der Nordseite) ein Flur liegen könnte, so dass die direkte Sonnennutzung ziemlich optimal wäre). Dann könnte das Gebäude sogar in sonnenarmen Breitengraden wie Stockholm übers Jahr gerechnet (sogar ohne allzu aufwändige Lüftungstechnik) ein Nullenergiehaus sein (erst recht mit LED Beleuchtung).

     

    Zudem haben schwedische Küstengebiete sehr viel Wind, der nutzbar wäre, in einigen Jahren außerdem Salzkraft/Osmosekraft (erstes Kraftwerk zu dieser Technik ist gegenwärtig in Norwegen im Bau).

     

    Ein solcher New Deal, neben speziellen sozialen Komponenten (auch effektiverer Besteuerung der Einkommen von Multimillionären), würde nicht nur, aber auch Schweden sehr gut tun.

     

    Ab ca. 2020 könnte (dann) der gesamte(!) Strombedarf Schwedens mit Solar- Wind- Wasser-, Salz-/Osmosekraft, Wellenkraft und Biogas (inkl. Forstabfällen) gedeckt werden.

  • FR
    Frauke Rubart

    Die schwedischen Sozialdemokraten orientieren sich an ihren isländischen Genossen die sogar mit Linken, Grünen (und Frauenliste) zu einer Allianzpartei fusioniert sind!

     

    "Das Parteiensystem Islands" In: Oskar Niedermayer u.a. (Hg.): Die Parteiensysteme Westeuropas. Wiesbaden (VS Verlag für Sozialwissenschaften) 2006, S. 245-274.

     

    Auf Stimmenfang im Nordatlantik: Parteiensystem und politische Macht in Island. Bremen April 2004

    [PDF download (720 Kb)]

     

    http://www2.hu-berlin.de/for:n/themen/mitzoom.html#Rubart

     

    Hälsningar,

    Frauke Rubart

  • HS
    Hartmut Slomski

    Offenbar sind in Schweden sowohl die dortigen Sozialdemokraten als auch die dortigen Grünen intelligenter als die in Deutschland!