Alte Kameraden: Hitlers Elite beim Kaffee

In Hannover treffen sich Mitglieder der Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger. An der Vernetzung zwischen Alt und Jung arbeitet ein Bremer Rechtsextremist.

Treffen 1997: Alte Kameraden rücken sich das Ordensband zurecht. Bild: dpa

HANNOVER taz | Alle zwei Monate kommt die örtliche Sektion der „Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger“ (ODR) in einer Kaffeestube in der hannoverschen Innenstadt zusammen. Hartmut Weeke, der zu den Zusammenkünften einlädt, will auf Nachfrage eigentlich gar nichts mit den Ritterkreuzträgern zu tun haben. Er habe sich nur um die Witwen der verstorbenen Kameraden gekümmert, man treffe sich nun zum netten Plausch. Dass Weeke der Sektionsleiter der ODR ist, verrät er nicht.

7.318 Soldaten, darunter 438 Waffen-SS-Angehörige, hatten ab 1939 als besondere Auszeichnung das Ritterkreuz erhalten, über dessen Verleihung Adolf Hitler persönlich entschied. Die „Ordensgemeinschaft“ wurde 1954 zur „Pflege und Förderung der Tradition echten Soldatentums“ gegründet.

Lediglich eine handvoll Teilnehmer kam jüngst zusammen, außerhalb der Ferienzeit sollen es einige mehr sein. Freimütig gibt Weeke über sein Geschichtsbild Auskunft, neben ihm sitzt seine Enkeltochter. Gräueltaten der Waffen-SS? „Manchmal“, sagt Weeke, „kann man das widerlegen.“ Und: „Der Ami war nicht anders.“

Diese Ansichten finden sich auch im Mitteilungsblatt der ODR, in dem auch Bücher rechtsextremer Verlage angekündigt werden. In der aktuellen Ausgabe, in der einem SS-Hauptsturmführer gedacht wird, beschwert sich etwa ein Ritterkreuzträger, dass Deutschland den gefallenen Soldaten nicht ausreichend gedenkt. Für die „menschliche und politische Katastrophe des Krieges“ trügen die Deutschen „keinesfalls allein die Verantwortung“. „Deutsche Streitkräfte führten den Krieg mit den gleichen Methoden wie die anderen“.

Das Verteidigungsministerium hatte 1999 ein Kontaktverbot zur ODR verfügt, das Ministerium sieht „extremistische Tendenzen“ bei dem Verband. Das bestreitet die ODR. Viele Ritterkreuzträger sind inzwischen verstorben, doch weil der Verband auch junge Sympathisanten aufnimmt, hat er heute noch über 500 Mitglieder. Auf junge Rechtsextreme übt die „Ordensgemeinschaft“ eine gewisse Anziehungskraft aus. Der niedersächsische Verfassungsschutz spricht von einer „hohen Wertschätzung“ der ehemaligen Soldaten in der rechten Szene. Auch Auftritte von den „Kriegshelden“ bei von Neonazis organisierten Vorträgen kann eine Sprecherin nicht ausschließen.

Die Zusammenarbeit von jungen und alten Kameraden vorantreiben, das hat sich das Magazin Ein Fähnlein des Bremer Rechtsextremisten Henrik Ostendorf vorgenommen. Ostendorf war Geschäftsführer des NPD-Verlags, setzte sich für den NS-Kriegsverbrecher Erich Priebke ein. Außerdem vertreibt er Soldatenbiografien, auch Schriften von SS-Mitgliedern.

In seiner Zeitschrift wird über das letzte Bundestreffen der ODR berichtet. Ein Fähnlein lädt auch zu „Zeitzeugenvorträgen“ mit einem „Veteran des Deutschen Afrika-Korps“ nach Norddeutschland. Ostendorf versucht, den jungen Kameraden die Geschichten der „Erlebnisgeneration“ näherzubringen. Offenbar mit Erfolg: Ein Fähnlein erscheint mittlerweile im dritten Jahrgang.

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