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Alte Kamelle verursacht Sodbrennen –betr.: „Dümpel, stolper, Reck“ (Schalke diskutiert Identitäts- und andere Sorgen), taz vom 21. 12. 1998

Daß Oliver Reck ein offensichtliches Sicherheitsrisiko und Rudi Assauer auch nach vielen Jahren auf Schalke ein suspekter Zigarillo, daß beide echte Prüfsteine für die Schalker Seele sind: keinen Einspruch, Frau Weber-Klüver. Die alte Kamelle aber, „Bauerntheater“ sei „die ewigste und immanenteste aller königsblauen Begabungen“, die Sie aufwärmen, verursacht leider nur Sodbrennen.

Schweigen will ich von dem Kasperletheater in München, den Possen an der Mönchengladbacher Niederrhein-Bühne, dem Haupstadttheaterintendanten Schwan oder der hessischen Mundartkomödie, und auch der peinliche Stuttgarter Schwabenschwank sei geschenkt. Hinweisen möchte ich jedoch auf die unglaublich sympathischen Eigenschaften der Schalker Seele und auf die unbestreitbaren Erfolge der Schalker Führungsriege, sei sie mir nun sympathisch oder nicht. Abgesehen von dem einen oder anderen Fehleinkauf, im Tor wurde jede ins Stadion bzw. in die Fanshops getragene Mark sinnvoll angelegt. Der Verein steht finanziell und strukturell besser da als je zuvor, und das, nachdem vor Jahren noch um Lizenzen und den Erhalt der Zweitklassigkeit gebangt wurde.

Und was die Schalker Begabungen angeht, reicht der Platz leider nicht, sie aufzuzählen. Mit Sicherheit gehört aber Humor dazu. Deshalb schlucken wir die Kröte Möllemann, schließen die tränenden Augen vor Assauers Zigarren und lachen gelangweilt über die Wiederholungen ärgerlicher Vorurteile. Denn wenn Sie, Frau Weber-Klüver, etwas tiefer geschürft hätten, wäre Ihnen aufgefallen, daß es zwar eine Zeit gab, in der es in der Tat drunter und drüber ging in Schalke, daß aber die Äußerungen Ingo Anderbrügges, die Reaktionen von Huub Stevens und der Vereinsführung und des Publikums, ja sogar der Unmut über die Herausnahme Matthias Schobers noch lange kein „Bauerntheater“ ausmachen, das allenfalls eine vorübergehende Erscheinung war, zum Glück aber keine „ewige“ und erst recht keine „immanente“ königsblaue Begabung. Die nämlich heißt: Gelassenheit. Selbst angesichts unwahrer Behauptungen auf der besten aller Sportseiten. Thomas Britt, Solingen

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