Alte Hamburger Schule

POP2 Von Saal 2 und Die Zimmermänner lässt sich lernen: Wer sich rar macht, hält länger durch

Eigentlich sollte man wieder den Lottmann ranlassen. Weil er neulich diese absolut vorzeigbare Theaterbesprechung abgeliefert hat, von der Inszenierung seines eigenen Romans, aber mehr noch, weil er doch geradezu dabei gewesen sein muss. Als in den ganz frühen 80ern diese zwei Bands von sich hören machten, was, andererseits, ohne jeden Belang gewesen sein wird für diese Zeitung hier. Nein, Die Zimmermänner und Saal 2 drangen eher nicht aus den VW-Bussen, in denen die taz-Gründergeneration AKWs bekämpfen fuhr.

Nehmen wir Timo Blunck und Detlef Diederichsen alias Die Zimmermänner: Diese Typen spielten betont poppige Popmusik, irgendwie … unauthentisch, und trugen auch noch Bonbonfarben, V-Kragen und Krokodil-auf-der-Brust. Womit sie auch die ebenfalls nur mäßig taz-nahe Punk-Fraktion aufs allerschönste gegen sich aufbrachten (und mitnichten waren da die Feinde von irgendwessen Feinden dessen Freunde).

Saal 2 gingen es weniger Popper-provokant an, eher voller Jugendzimmer-„Angst vorm Tanzen“ (wie einer ihrer nie recht geschlüpften Hits hieß), ganz im Geiste jener Idee von „Neue Deutsche Welle“, die noch kein zur „NDW“ zurückgeschnittenes Industrie-Kalkül war, sondern echte Nach-Punk-Freiheit.

Beide veröffentlichten 1980 erste Songs und traten später bei den legendären Festivals auf, mit denen der Musikjournalist und Labelbetreiber Alfred Hilsberg dem Neuen den Weg zu ebnen suchte. Sie tauchten auf und ab und wieder auf, Saal 2 brachten ihr Debütalbum erst 1994 raus. Dieser Tage hat das Entertainment-Schweizermesser Rocko Schamoni eines ihrer Stücke im Programm seines Projekts „Die Vergessenen“.

Das Hamburger Label Tapete, das sich immer wieder auch um Geschichtspflege kümmert – etwa, indem es das Debüt von Palais Schaumburg wieder verfügbar machte, bei denen Blunck auch mitspielte –, brachte 2014 eine erweiterte Werkschau der Zimmermänner heraus, aber auch ein neues Album. Neulich meldete sich auch Saal-2-Kopf Jens Kraft zurück: gereift, aber kein bisschen hüftsteifer – das waren diese Absolventen der „alten Hamburger Schule“ ja damals schon.  ALDI

Saal 2, „Was macht die Musik?“; Die Zimmermänner, „Ein Hund namens Arbeit“, Tapete Records