Alte Häuser weichen Neubau: Umstrittener Abriss
Gründerzeithäuser in Altona sollen nach Ansicht von Bezirkspolitikern einem Neubau weichen. Die Initiative "Anna Elbe" kritisiert, so werde Leerstand belohnt.
HAMBURG taz | Der geplante Abriss zweier Altbauten in der Breite Straße 114 und 116 in Altona sorgt für Ärger. Nach dem Willen der SPD-Bezirksfraktion sollen die Häuser der Architekten Schaar und Hintzpeter, nach deren Plänen einst die Köhlbrandtreppe und die Zeise-Fabrik gebaut wurden, einem Neubau weichen. Auf das Vorhaben aufmerksam geworden ist die Initiative „Anna Elbe“. Sie kritisiert, dass die Häuser bereits seit Jahren teilweise leer standen und trotz einer Anzeige nichts passierte.
Im Bezirk ist der Abriss umstritten. Geplant ist auch eine Neubebauung der umliegenden Flächen. Während die Bezirksverwaltung die Altbauten erhalten will, haben sich alle Fraktionen, mit Ausnahme der Linken, für den Abriss ausgesprochen. Der Eigentümer begründet seine Pläne mit dem schlechten Zustand der Häuser, eine Sanierung sei nicht wirtschaftlich. Allerdings könne nicht nachgewiesen werden, ob die Bauschäden durch den Leerstand eingetreten sind, heißt es in einem Dokument des Bezirksamts, das der taz vorliegt. Vom Neubau verspricht sich der Eigentümer eine durchschnittliche Kaltmiete von 14,50 Euro pro Quadratmeter.
„Die Wirtschaftlichkeit muss mit dem Wert historischer Bausubstanz abgewogen werden“, sagt der baupolitische Sprecher der SPD Altona, Mark Classen. „Wir wollen hier zusätzliche Wohnungen schaffen.“ Im Moment sei ja keine einzige Wohnung in den Häusern vermietet. Für Marc Meyer vom Mieterverein Mieter helfen Mietern ist das „eine SPD-Rechnung“. Denn die zähle nur die neuen Wohnungen, nicht aber die, die dafür abgerissen werden. Wie die Initiative Anna Elbe kritisiert er, dass die SPD mit ihrem Vorgehen Leerstand belohne.
Nachdem der alternative Mieterverein den Leerstand in der Breite Straße angezeigt hat, leitete das Bezirksamt im Dezember 2010 ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen den Eigentümer ein. Das sei, so Bezirksamt-Sprecherin Kerstin Godenschwege, noch nicht abgeschlossen. Mittlerweile sind die Häuser marode. Im Winter soll es einen Wasserrohrbruch gegeben haben. Meyer wundert das nicht: „In den Zeiten in denen die Alster zufriert, platzen in leer stehenden Häusern nun mal die Rohre.“ Das Vorgehen des Eigentümers ist Meyer zufolge nicht unüblich. Denn beabsichtigter Leerstand habe meist Gründe. „Entweder soll das Haus verkauft werden oder man rockt es runter und reißt dann ab.“
Mit einer E-Mail-Aktion fordert Anna Elbe nun das Denkmalschutzamt auf, die Häuser unter Schutz zu stellen. Der Leiter des Hamburger Denkmalschutzamtes, Frank-Pieter Hesse, attestiert den Altbauten zwar, dass es sich zusammen mit einem Gebäude aus der Amundsenstraße um die Reste der älteren Bebauung Altonas handelt. Er sehe aber keine Möglichkeit, sie zu schützen. Denn der Fokus der Denkmalpflege liege in diesem Bereich nicht auf den Bauten des 19. Jahrhunderts, sondern auf den „historisch bedeutenden und stadtbildprägenden Neuplanungen der Wiederaufbauphase nach dem Zweiten Weltkrieg“.
Weil alte Pläne eine Straßenerweiterung vorsehen, blockiert das Verkehrsamt das Neubauvorhaben. Die SPD hat den Fall jetzt an den Wohnungsbaukoordinator Michael Sachs übergeben. Der soll nun vermitteln.
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