■ Standbild: Altbacken
„Tatort: Rosen für Nadja“, So., 20.15 Uhr, ARD
Im Bund der „Tatort“-Kommissare ist der Frankfurter Amtsträger Brinkmann wohl der leidenschaftsloseste. Ein unterkühlter Mensch mit gemächlichem Bewegungsablauf und, wenngleich Schachspieler, auch arg begriffsstutzig. Ein typischer Ausspruch: „Nicht so eilig, nicht die Pferde scheu machen.“ Schon recht, denn auch die Diensttuenden draußen im Lande erscheinen gelegentlich ein wenig steif und hölzern. Für einen TV-Krimi braucht es dann aber eine fesselnde Geschichte mit pfiffigen Wendungen und charismatischen Antagonisten.
Der 66jährige „Tatort“-Veteran Heinz Schirk (Buch und Regie) hatte nichts von alledem zu bieten. Es war ein altmodisches Werk, wie aus den Anfangsjahren, mit wenig Schauplätzen und kleinem Personalbestand, einer Leiche im Swimmingpool und anderen Versatzstücken aus dem Karteikasten eines altgedienten Drehbuchroutiniers. Da brauchte es nur ein paar Bindeglieder, die Komponenten zusammenzufügen. Die Scharniere aber quietschten zum Steinerweichen.
Der Primus unter den Tatverdächtigen machte es seinen Verfolgern so leicht wie möglich, rempelte aufmerksamkeitsheischend ans Kaminbesteck, verlor seine Waffe am Tatort und rammte auch noch einen parkenden Pkw, dessen Besitzer sich zuvor – warum eigentlich? – das Kennzeichen des Wagens gemerkt hatte.
Die grob geschnittenen Figuren wurden, bis hin zum Pensionär mit dem Wachhundnaturell, nach Belieben eingefügt. Und da fehlte keine Klischeegestalt des TV-Krimis, die betrogene, ergo versoffene Arztgattin, ein Transvestit der dümmlich-zickigen Art, die man spätestens seit dem „König von St. Pauli“ nicht mehr sehen möchte, sogar eine Rockerbande, die kleinwüchsige Passanten drangsaliert. Als Reminiszenz an den Zeitgeist wurde dem zweiten Mordopfer noch ein Kindesmißbrauch zugefügt.
Und wenn ein kleinwüchsiger Mensch einen massiven Browning verliert und später zu hören bekommt: „Das mußt du doch gemerkt haben, das Ding ist schwer“ – dann hätte schon bei der Lektüre des Drehbuchs jemand aufmerken müssen.
Die beste Pointe geschah ungewollt: „Wir sind hier nicht ungestört“, plapperte Anke Sevenich – als ihr auch schon eine heftige Tonstörung in die Parade prasselte. Es gibt noch höhere Gerechtigkeit. Harald Keller
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