piwik no script img

■ Als normaler Bürger würde Clinton nicht angeklagt werdenDer Präsident als Herrenwitz-Figur

Bill Clinton wird der erste Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika sein, der noch während seiner Amtszeit wegen des Vorwurfs persönlicher Verfehlungen, genauer gesagt: sexueller Belästigung vor Gericht gestellt wird. Na und? Zu Fall bringen werden ihn die Vorwürfe nicht. Die Mehrheit der US-AmerikanerInnen hofft laut Umfragen, daß das ganze Verfahren wegen sexueller Belästigung außergerichtlich ein Ende findet. Es gibt gute Chancen, daß die Anwälte beider Parteien eine außergerichtliche Einigung zustande bringen. Denn niemand scheint dem Präsidenten so richtig übelzunehmen, was da 1991 im Hotelzimmer passierte – oder nicht passierte.

Die Richterin in Little Rock wies am Freitag den Antrag Clintons ab, die Klage der Paula Jones für unzulässig zu erklären und den Fall einzustellen. Damit bestätigt sie den Tenor der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs von Ende Mai, daß der Präsident der Vereinigten Staaten in dieser Angelegenheit keinen Sonderstatus genieße, sondern sich wie ein ganz normaler Bürger vor Gericht zu verantworten habe. Ein Widerspruch – denn wäre Clinton ein ganz normaler Bürger, so ist zu vermuten, wäre es zur Klage der Paula Jones nie gekommen.

Wenn alles stimmt, was sie sagt, stellt sich der Fall so dar: Er, ein erwachsener Mann, will mit ihr, einer erwachsenen Frau, sexuellen Verkehr haben. Sie will nicht und geht. Fertig. Aber: Auch wenn es danach keinerlei berufliche Nachteile für Jones gegeben haben mag, so war doch Gouverneur Clinton damals der oberste Chef der Angestellten Jones, und hätte sie sich auf ihn eingelassen, so würde ihr wohl jedes Gericht zugestehen, aus Angst gehandelt zu haben. Schwierig zu entscheiden.

Aber was den Fall erst richtig pikant macht, ist Jones' Ankündigung, ihre Aussage, der damalige Gouverneur habe mit heruntergelassenen Hosen um oralen Sex gebeten, mit Detailwissen aus dem nunmehr präsidialen Genitalbereich unter Beweis zu stellen; es gebe da Markantes, heißt es. Was nun, und wieviel ist es Clinton gegebenenfalls wert, eine solche Aussage vor Gericht zu verhindern? 700.000 Dollar wie anfangs gefordert, zum Verschweigen eines Leberflecks auf dem Schwanz? 800.000 für eine Phimose? Eine Million gar für das Verleugnen präsidialer Größe? Hier wird ein Mann, der derzeit wohl mächtigste gar, zum Objekt von Männerwitzen. Vielleicht ist es das, was den Fall so gar nicht taugen läßt, um feurig für die Verurteilung von sexuellen Belästigern zu Felde zu ziehen. Bernd Pickert

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen