Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz: Muslimische Putzfrau könnte klagen
Der Zentralrat der Juden kritisiert das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Die Handlungsfreiheit in der Personalwahl sei dadurch eingeschränkt.
BERLIN taz Der Zentralrat der Juden in Deutschland befürchtet Nachteile durch das Allgemeine Gleichbehandlungssgesetz (AGG). Das Gesetz drohe die Handlungsfreiheit der jüdischen Gemeinden hierzulande etwa in der Personalauswahl immer weiter einzuengen, sagte der Generalsekretär des Zentralrats, Stephan Kramer. "Die Schlinge um den Hals wird immer enger." Das AGG sei zwar "gut gemeint", aber angesichts des Grundgesetzes bestenfalls "überflüssig". Dies habe der Zentralrat schon im Gesetzgebungsverfahren kritisiert. Die Intervention war jedoch erfolglos.
Grundlage der Kritik Kramers ist eine juristische Expertise, die der Arbeitsrechtler Klaus Adomeit und der Berliner Notar Albert Meyer, einst Vorsitzender der jüdischen Gemeinde der Hauptstadt, erarbeitet haben. Adomeit hält die "juristisch-technische Umsetzung" des AGG für nicht gelungen. So verpflichte das AGG die Gemeinden, abgewiesenen Arbeitsplatzbewerbern notfalls juristisch wasserdicht nachzuweisen, dass diese nicht aus diskriminatorischen Gründen abgelehnt worden seien. "Gefährliche Wirrköpfe aller Art" könnten so bestärkt werden, gegen die Gemeinden zu klagen.
Diese "Umkehr der Beweislast", so Adomeit, könne zudem viele Kräfte der Gemeinden unnötig binden. Es drohten Prozesse ähnlich dem derzeit noch schwebenden Verfahren in Hamburg. Dort hat eine Muslima gegen die Diakonie geklagt, weil der evangelische Sozialverband sie nicht eingestellt hatte. Notar Meyer sagte, das AGG stifte "die Arbeitgeber zum Lügen an". So erschwere es den Gemeinden beispielsweise, eine jüdische Putzfrau gegenüber einer muslimischen zu bevorzugen - und dies, obwohl die jüdischen Gemeinden "spezielle Sicherheitsinteressen" hätten, die bei einer muslimischen Angestellten womöglich berührt seien.
Etwas gelassener sieht das David Gill. Der Vizebevollmächtigte des Rates der EKD in Berlin sagte, bisher schränke das AGG den Gestaltungsraum der Kirchen nicht ein. Allerdings werde er durch das Hamburger Verfahren bedroht. Ähnliches gelte für den Vorwurf der EU-Kommission, in Deutschland werde das AGG, ursprünglich eine EU-Initiative, nicht ausreichend umgesetzt. Gill verwies auf den EU-Vertrag von Amsterdam von 1997, in dem festgelegt worden sei, dass der Status der Religionsgemeinschaften durch die EU nicht tangiert werde. Durch umstrittene Auslegungen des AGG bestehe nun die Sorge, dass die bisherige Praxis "infrage gestellt" werde.
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