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Alles in Gebrauch

■ Einmal in den Windkanal kriechen ... – Zweiter „Tag des offenen Denkmals“

Am Sonntag ist es wieder soweit: Zum zweiten Mal findet auch in Berlin der landesweite „Tag des offenen Denkmals“ statt. Denkmalgeschützte Gebäude und Anlagen der Stadt – dekorativ begleitet von Vorträgen, Konzerten und Märkten – werden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Zeitgleich öffnen in 23 anderen europäischen Ländern die Baudenkmale ihre Pforten für den zweiten „european heritage day“.

Die Idee ist, nicht nur Einblicke in die Arbeit der Denkmalpflege und die darum gruppierten Handwerke zu gewähren, sondern vor allem selten zugängliche Orte, wie eine alte Haftanstalt oder ein ausgedientes Luftfahrtforschungszentrum, neugierigen Blicken zu öffnen. Dabei wollen die VeranstalterInnen auch um breiteres Interesse werben, damit sich – wie letztes Jahr geschehen – private Initiativen für Erhalt und Förderung der Bauten organisieren können.

Das Programm ist umfangreich. Allein in Berlin hat man die Wahl zwischen über 30 Bau- und Gartendenkmalen, zwischen dem alten Wasserturm in Charlottenburg oder archäologischen Ausgrabungen in Karow. Spannend verspricht es auch auf dem alten Flugplatz in Johannisthal zu werden. Das Gelände wurde 1909 als erster deutscher Motorflugplatz erbaut und war dann lange Zeit Zentrum des deutschen Flugzeugbaus und der Luftfahrtforschung.

Mitte der Dreißiger ein streng geheimer Standort nationalsozialistischer Luftrüstung, wurde der Flugplatz ab 1945 von der Roten Armee weitergenutzt. Teile der Produktionsanlagen sowie Geräte der Luftfahrtforschung stammen noch aus den Dreißigern. So gibt es auf dem Gelände die begehbare Hülle eines alten Windkanals zu sehen, und einen sogenannten Trudelturm, mit dem damals aerodynamische Messungen vorgenommen wurden.

Auch die STUNA Werksteinmontage öffnet ihre Tore. Der Berliner Betrieb hat sich auf die Restauration historischer Skulpturen spezialisiert und wird am Sonntag verschiedene Arbeitsmethoden vorführen. Als Modell dient dabei u.a. eine eiserne Figurengruppe vom Dach des Zeughauses. Ein Angebot für Kenner ist die Besichtigung der Gärten von Fraenkel und Geßner in Kladow. Albert Geßner hatte in den Zwanzigern die Gartenanlage zusammen mit Erwin Barth, dem Architekten der Jungfernheide, entworfen und 1930 fertiggestellt. Erhalten und weiterhin in Privatbesitz sind auch das Chauffeurshäuschen, ein Pferdestall und ein frisch renovierter Pavillon, der am Sonntag eingeweiht werden soll.

Ebenfalls für Liebhaber ist die Führung über den beinahe 100jährigen Charlottenburger Luisenfriedhof, der eine große Anzahl an hervorragenden Grabmälern und Skulpturen beherbergt. So zum Beispiel die Grabstätte der Familie Otto Schmalz aus dem Jahre 1907. Auf einem hohen, mit Inschriften versehenen Unterbau erhebt sich eine Marmorstele von antiker Schönheit. Sie zeigt im Relief ein voneinander Abschied nehmendes Paar. Leider sind solche Darstellungen inzwischen auf deutschen Friedhöfen verboten.

Speziell für Kinder heißt es in der Siemensstadt in Spandau: „Blitze im Denkmal“. Drei Denkmäler gibt es, und eins davon „blitzt, faucht und stinkt“. Gemeint ist das Hochspannungsprüffeld in der Parabel-Halle des Betriebes aus dem Jahr 1959. „Wir sind doch hier nicht ein Industrie- Museum, das muß alles noch laufen“, kommentiert ein Arbeiter die Frage, was man denn mit so vielen Denkmalen auf dem Gelände anfängt. Denn das spannende an diesem wie an den anderen offenen Denkmalen ist, daß sie – gut erhalten und verschlossen – fast alle noch in Gebrauch sind und so einen wirklich lohnenden Einblick in Arbeit und Lebensart vergangener Tage bieten können. jvt

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