: Alles für sein Auto
■ Parkplatzkrieg in der „Eimsbüttler Schweiz“: Ein Arzt linkt die Behörden Von Marco Carini
Dr. Volker H. liebt seinen Wagen. Seine Praxis hat der praktische Arzt in dem nobelsten Viertel von Eimsbüttel, gleich am Eimsbüttler Weiher in der Ottersbekallee. Doch Volker H. hat ein Problem. In dem ganzen Quartier, das wegen seiner edlen Güte auch „Eimsbüttler Schweiz“ genannt wird, hat niemand einen Parkplatz im eigenen Vorgarten. Die BewohnerInnen des für einige KunsthistorikerInnen größten Jugendstilquartiers der Republik, müssen - oh, Schande - ihre teuren Blechgefährte auf der Straße parken.
Für Volker H. ein wahrlich untragbarer Zustand. Um diesen zu ändern, bekniete er seit Jahren das Eimsbüttler Bezirksamt um eine Ausnahmegenehmigung. Das wollte beweisen, das Ämter mitunter auch bürgerInnenfreundlich sind und gab dem Begehren statt. Allerdings nur, wenn der Parkplatz als Behindertenstellplatz für die PatientInnen ausgewiesen werde. Arzt und Amt einigten sich und schlossen vor kurzem einen Vertag, der Volker H. den Anspruch auf eine Baugenehmigung sichert.
Anke Lüders, die für das Eimsbüttler Rechtsamt den Parkplatz bewilligte, erinnert sich daran, daß Volker H. an AIDS erkrankte PatientInnen vorschickte, um die Herzen der BehördlerInnen zu erweichen. „Wir können natürlich nicht kontrollieren, ob nicht auch Herr H. seinen Wagen hier parkt“, gesteht Anke Lüders ein. Das aber hat der Arzt offenbar vor. Der Universitätsprofessor Hans-Jürgen K., Radler aus Leidenschaft und Besitzer einer Eigentumswohnung im selben Haus, berichtet: „Herr H. hat uns Eigentümern durch seinen Anwalt mitteilen lassen, daß er gedenkt, den Parkplatz selbst zu nutzen“.
Ende vergangener Woche schritt Volker H. zur Tat, ließ den Jugendstilzaun zersägen, die Müllbehälter des Hauses abreißen. Erlaubt war das leider nicht. „Die Müllanlage hätte stehen bleiben müssen, der Baubeginn unseren Bauprüfern angezeigt werden müssen“, ärgert sich Anke Lüders. Das Bezirksamt legte am Freitag die Baustelle still, Volker H. baute trotzdem mutig weiter. Erst eine einstweilige Verfügung der Eigentümergemeinschaft des Hauses stoppte die Bauarbeiten.
Volker H. muß nun ersteinmal den Mülltonnen-Behälter wieder herrichten. Um dann endlich diesseits des Gartenzauns parken zu dürfen, braucht er voraussichtlich eine Einverständniserklärung der Hausgemeinschaft. Ob die vorliegt, weiß zur Zeit niemand so genau. Eimsbüttels Bezirksamtsleiterin Ingrid Nümann-Seidewinkel glaubt sich vage daran zu erinnern, daß die HauseigentümerInnen in die Stellplatzpläne eingewilligt haben (“Aber nageln Sie mich darauf nicht fest“). Die jedoch erinnern sich an so eine Erlaubnis natürlich nicht. Und das schöne Auto von Volker H.? Muß zunächst weiter am Bordstein warten. Unzumutbar? Unzumutbar!
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