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Alles für den Markt

Ronaldo, Geld vom Golf, ein Pass für Infantino und ein Streit um Markenrechte. Vier wahre Anekdoten aus der wundersamen Welt des modernen Fußballs

Muss nicht mehr weinen: Cristiano Ronaldo ist beim WM-Auftakt nun doch spiel­berechtigt Foto: imago

Von Johannes Kopp und Andreas Rüttenauer

Vergebene Sünde

Das wäre ja noch schöner, wenn ausgerechnet der neue Freund von Donald Trump bei der WM im nächsten Jahr erst mal nicht hätte mitspielen dürfen. Cristiano Ronaldo war im WM-Qualifikationsspiel Portugals gegen ­Irland vom Platz gestellt worden, nachdem er seinen Gegenspieler mit einem Ellenbogenstoß niedergestreckt hatte. Die Regeln sehen für einen solchen Fall drei Pflichtspiele Sperre vor. Einmal musste Ronaldo schon aussetzen. Die nächsten zwei Pflichtspiele stehen für Portugal bei der WM in Nordamerika an. Ohne Ronaldo? Das wäre doch jammerschade, mag sich der Internationale Fußballverband gedacht haben und hat zwei Spiele der Sperre zur Bewährung ausgesetzt. Ronaldo darf also beim Turnierauftakt der Portugiesen mitspielen. Eine weise Entscheidung in Zeiten des Dynamic Pricing, bei dem sich die Ticketpreise nach der Nachfrage richten.

Die Fifa tut nun wirklich alles dafür, dass das Turnier im nächsten Jahr so lange wie möglich attraktiv bleibt. So wurden die ersten vier der Weltrangliste wie beim Tennis auf die ersten vier Plätze gesetzt. Spanien, Argentinien, Frankreich und England können frühestens im Halbfinale aufeinandertreffen. Bei der Auslosung für die WM 2022 in Katar stand Belgien auf Platz zwei der Weltrangliste. Damals dachte niemand an eine Setzliste. Warum wohl?

Freunde vom Golf

Frisches Geld für den Fußball gibt es wieder mal aus Saudi-Arabien. Eine Milliarde Dollar stellt der Saudi Fund for Development zu günstigen Kreditbedingungen zur Verfügung, damit kleinere Fußballverbände aus ärmeren Weltregionen Stadien, die den höchsten Fifa-Maßstäben gerecht werden, bauen können. Irgendwann sollen schließlich alle 211 Mitgliedsverbände mal ein Fifa-Turnier ausrichten können. Die regelmäßigen Ausschüttungen an die Verbände aus den Überschüssen der Fifa waren schon immer ein Instrument der Fifa-Spitze, ihre Macht zu sichern. Jetzt müssen die Verbände nicht nur Fifa-Boss Gianni Infantino dankbar sein, sondern eben auch Saudi-Arabien, dem WM-Gast­geber 2034.

Die Petro-Monarchie ist mit ihrem Staatsfonds Aramco jüngst zum Premiumpartner der Fifa aufgestiegen. Der staatliche Investitionsfonds PIF hat den Großteil der Klub-WM ­finanziert. Und eine unter dem Dach des PIF organisierte Agentur namens Surj Sport hat für 1 Milliarde US-­Dollar Anteile am Streamingdienst DAZN gekauft, nachdem dieser die Übertagungsrechte an der Klub-WM für 1 Milliarde US-Dollar erworben hatte.

Multipler Präsident

Seit dieser Woche ist Gianni Infantino also auch noch Libanese. Einen Schweizer und italienischen Pass besitzt der Fifa-Präsident schon. In Beirut bekam er am Dienstag die libanesische Staatsbürgerschaft angetragen. Stolz sei er, versicherte Infantino via Instagram, „dieses wunderschöne Land mein Zuhause nennen zu ­dürfen“.

Infantino hat sich ja schon viele Identitäten zugelegt. Unvergessen bleibt seine Rede vor der WM 2022 in Katar: „Heute fühle ich mich katarisch, heute fühle ich mich arabisch, heute fühle ich mich afrikanisch, heute fühle ich mich schwul, heute fühle ich mich behindert, heute fühle ich mich als Gastarbeiter.“ Vor seinem Besuch in Beirut diese Woche hatte der 55-Jährige, der mit einer Libanesin verheiratet ist, bereits gesagt: „Ich bin schon seit vielen, vielen Jahren Libanese, daher ist es gut, dass wir dies nun auch offiziell machen.“ Aus seiner Sicht also ein Schritt, der mehr oder minder unumgänglich war.

Und sonst? Die Stimme des Libanon bei künftigen Abstimmungen in der Fifa dürften dem Neu-Libanesen Infantino nun noch sicherer sein.

Provinzieller Markenstreit

Etwa 773 Kilometer trennen Hansa Rostock und den 1. FC Heidenheim, gemeinsam aber haben sie das Kürzel FCH. Dies ist der Grund eines Konflikts: Wer darf mit diesem Kürzel Geschäfte machen? Den Rostockern gefällt nämlich nicht, dass der süddeutsche Erstligist 2024 beim Deutschen Marken- und Patentamt die Marke „FCH Fanshop“ eintragen hat lassen. Der Drittligist aus dem Norden verweist auf eine „Abgrenzungserklärung“ zwischen den beiden Vereinen aus dem Jahre 2008, nach welcher die Heidenheimer die Bezeichnung FCH nur in Kombination mit dem Zusatz „Heidenheim 1846“ nutzen darf.

Viel weiter zurück in ihrer Argumentation gehen die Verantwortlichen von der Schwäbischen Alb. Wir waren zuerst da, sagen sie, nämlich seit 1846. Hansa Rostock dagegen wurde 1965 gegründet. Vielleicht sollten die Rostocker nicht so streng sein. Könnte ja sein, dass sie mal einen überdurchschnittlich guten Profi unter Vertrag nehmen können, der sich vom anderen FCH umworben wähnte.

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