■ Alles beim alten: Fifa wählt Silvio Blatter zum neuen Präsidenten: Die ganz normale Korruption
Der Weltsport funktioniert anders als die Weltpolitik. Wer den Sport regieren will, muß sich nicht mit den mächtigen, das heißt vor allem mitgliederstarken Verbänden arrangieren, er braucht vielmehr die Unterstützung aus Mikro-Staaten. Jedes Land hat eine Stimme, und so lassen sich leicht Mehrheiten schaffen, indem man über den Erdball jettet und den Funktionären aus Lesotho oder Myanmar Aufstiegsmöglichkeiten und andere Vergünstigungen verschafft. Oder auch nur verspricht. So wird seit ehedem Politik gemacht im IOC und im Fußball-Weltverband Fifa.
Der langjährige Fifa-Generalsekretär Joseph Blatter, am Montag dank 111 von 191 Stimmen zum neuen Präsidenten befördert, kennt sich bestens aus mit dieser Art von Diplomatie. So ist es doch ein bißchen verwunderlich, daß er sich, so die Vorwürfe, am Abend vor der Wahl ziemlich dumm angestellt und in diversen Hotellobbys an mehr oder minder bedürftige Delegierte 20 Briefumschläge mit jeweils 50.000 Dollar verteilt hat. Da drängt sich der Vorwurf der Bestechung natürlich auf, zumal auch ein paar Vasallen des Emirs von Katar, der Blatter für den Wahlkampf schon einen Privatjet ausgeliehen hatte, ein bißchen Überzeugungsarbeit geleistet haben sollen.
Warum Blatter und seine Propaganda-Armee – angeführt vom bisherigen Fifa-Patriarchen João Havelange, dem der Schweizer stets treu ergeben war – überhaupt so lange für den Sieg kämpfen mußten, ist erstaunlich. Die Mehrheit der Stimmberechtigten hat, wie bereits angedeutet, davon profitiert, daß die milliardenschwere Organisation unter Havelange geführt wurde wie eine Bananenrepublik mit mafiotischen Strukturen. Das süße Leben wäre vielleicht vorbei gewesen, wenn Blatters Gegenkandidat, der Schwede Lennart Johansson, halbwegs zivilisierte Spielregeln eingeführt, womöglich sogar ein paar Leichenberge in den Kellern der Fifa freigelegt hätte. Johansson hat Blatter freilich gestern bescheinigt, daß alle Korruptionsvorwürfe aus der Luft gegriffen seien – und mancher mag nun um eine Hoffnung ärmer sein.
Die Forderung, daß es im Weltsport demokratisch zugehen müsse, ist allerdings ein wenig naiv. Auch in ihrem früheren Leben hatten die Mächtigen nicht viel übrig für alles, was demokratieverdächtig war. Havelange war u.a. im Waffen- und Munitionsgeschäft tätig und galt als Günstling lateinamerikanischer Diktatoren. Und Juan Antonio Samaranch, der Chef des Internationalen Olympischen Komitees und genauso ein Typ wie Havelange und Blatter, war bekanntlich sogar Minister unter Franco. Rene Martens
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