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Alles Lidl oder was?Umstrittener Supermarkt

Die neue Lidl-Filiale in Langenhorn wird genehmigt werden. Dabei sprechen gute Argumente gegen noch einen Discounter

Erregt die Gemüter: Das Unternehmen Lidl und dessen Vorhaben, in Langenhorn eine Filiale zu eröffnen. Bild: dpa

HAMBURG taz | Der Discounter Lidl wird seine seit vier Jahren umstrittene Filiale in Langenhorn aller Voraussicht nach bauen dürfen. War zunächst nicht sicher, ob Lidl die Baugenehmigung vom Bezirksamt Nord bekommen würde, hat nun Bezirksamtsleiter Harald Rösler (SPD) die Filiale für genehmigungsfähig erklärt. Und das ist der letzte Schritt auf dem Weg zur Baugenehmigung.

Linke, Grüne und die Bürgerinitiative „Keine Zerlidlung des Käkenflurs“ sind gegen den Lidl. Eckart Drews, einer der Begründer der Bürgerinitiative, vermutet, dass die Verantwortlichen nicht anders konnten, als den Neubau zu genehmigen – unter anderem, weil sie andernfalls mit Schadensersatzklagen des Konzerns hätten rechnen müssen (taz berichtete). Viele Argumente sprechen laut Drews gegen den Bau dieser Lidl-Filiale. Und nachdem er sich vor Gericht Akteneinsicht erstritten hat, sind diese Argumente nachzulesen.

In der Bauakte, die der taz vorliegt, ist von „Unfallhäufigkeiten“, nicht gebannten „Gefahrenpotenzialen“ und einem „ungewünschten Verkehrsaufkommen im Wohngebiet“ die Rede. Und es bleibe „bei der Vereinbarung, die Öffentlichkeit über den Regionalausschuss erst nach Vorstellung der genehmigungsfähigen Planung zu informieren“, heißt es weiter. „Aus der Bauakte geht also hervor, dass hier eine Verkehrskatastrophe willentlich und wissentlich geplant wird“, sagt Drews. „All das aus Angst vor der Macht eines Discounters.“

Gegen die Lidl-Filiale spreche außerdem, dass nicht einmal drei Kilometer entfernt der nächste Discounter steht. Aber das stört Lidl nicht, will das Unternehmen doch an Ausfallstraßen vertreten sein, um Kunden auf dem Nachhauseweg abgreifen zu können. Außerdem ist die Langenhorner Chaussee eine der unfallträchtigsten Straßen der Stadt und die Fläche, auf der Lidl voraussichtlich wird bauen dürfen, ist eigentlich zu klein, als dass es sich für den Konzern lohnt. Doch die Verwaltung erlaubt dem Discounter, die Baugrenze zu überschreiten.

Hinzu kommt das Problem mit der Lieferung der Ware, an der das Projekt eigentlich hätte scheitern müssen, da der Gehweg an der Langenhorner Chaussee nicht überfahren werden darf – doch für Lidl wurde eine Ausnahmegenehmigung erteilt. Auch ist die Einfahrt drei Meter zu klein. Doch Lidl sagt zu, nur mit kleinen LKWs zu liefern, und damit ist auch dieses Problem vom Tisch.

Eine weitere Befürchtung der Lidl-Gegner ist, dass es sich mit dem zusätzlichen Verkehr im Wohngebiet stauen würde. Denn auf der Langenhorner Chaussee fehle eine Anbindung nach Norden. Ein verkehrspolitisches No Go, sagt Drews. Und Rachid Messaoudi von der Linkspartei resümiert: „Die Bezirkspolitik hat versagt.“ Er sei überrascht, wie naiv die Verwaltung in diesem Verfahren agiere. „Dabei wissen alle Abgeordneten, dass das hinten und vorne nicht passt.“ Man hätte in diesem Verfahren nicht einknicken müssen. „Das ist krass an der Demokratie vorbei“, sagt Messaoudi.

Lidl wollte sich auch nach einer zweiten Anfrage der taz nicht äußern. „Wir haben schließlich noch keine Baugenehmigung“, schreibt eine Sprecherin per Mail. Auch Bezirksamtsleiter Harald Rösler hat bis Redaktionsschluss nicht Stellung genommen.

„Wenn dieser Lidl steht, weiß ich, dass sich hier Wirtschaftsinteressen gegen das Allgemeinwohl durchgesetzt haben“, sagt Drews. „Dann bleibt uns nur noch übrig, all das, was hier passiert, die vielen Unfälle, die kommen werden, zu dokumentieren.“ Auch mit einem Lidl vor der Haustür werde die Initiative nicht aufgeben.

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9 Kommentare

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  • VR
    volker r

    Lidl lohnt sich?? Jedenfalls nie Fuer die Anwohner!!

    Vor 11 Jahren wurde neben meinem grundstueck ein Lidl Markt in Bordesholm in Schleswig-Holstein gebaut und bei der Suche nach Infos über Probleme mit Lidl bin ich auf diesen Artikel gestossen. Lidl und seine Planer nutzen die Unkenntnis und Naivität in den Gremien der Kommunen gnadenlos aus. Urspruenglich als nahversorger genehmigt wurde einige Jahre später eine Vergrößerung um Ca 50% bewilligt,. Wie gebaut wird hat allein lidl definiert- vorschlaege der Anwohner, die weniger parkplatz- & Lkwlaerm bedeuten wuerden , wurden mit dem killerargument "der Betrieb sei gefährdet" vom Tisch gefegt. Seit Jahren gibt es bei uns Probleme durch den parkplatzbetrieb und LKW-Laerm in der Nacht und auch sonntags. Laermgutachten enthalten veraltete oder falsche Infos, damit die zulässigen Pegel zumindest auf dem Papier nicht überschritten werden. Jetzt soll der backshop ausgelagert werden und laengere Öffnungszeiten sind im Gespräch.

    An gespraechen mit uns Anliegern ist das Lidl Management nicht interessiert , selbst der Bürgermeister erhielt eine Absage - kein Bedarf hiess es von Lidl. Leider bedeutet Lidl meist also nichts gutes Fuer Anlieger. Aber wir werden uns nicht klein kriegen lassen - und wir anlieger & Bürger Initiativen sollten uns vernetzen.

  • DP
    dr. p. Braeutigam

    Hat sich eigentlich mal irgendein SPD-Abgeordneter zu dem Genehmigungsverfahren geäußert? Oder haben alle nur gleichgeschaltet zugestimmt?

    Warum will die SPD LIDL am Käkenflur? Weil die SAGA ihre Mieter billig versorgen will? SAGA-SPD wollen LIDL - es lebe der Hamburgter Rote Filz!

  • PB
    pjotr. b.

    @Mein Name:

    Ihr Debattenbeitrag hat Putin-russisches Niveau: Wer gegen LIDL aufsteht muss psychisch krank sein. Und wer nicht kuscht wird für verrückt erklärt. Arbeitslager in Sibirien oder nur geschlossene Anstalt? Ich fordere Höchstpreis: Zeltlager für MeinName auf LIDL-Parkplatz! Denn der Delinquent hat nur Angst um den Komfort seiner Wohnqualität!

  • MN
    Mein Name

    Der Herr Drews ist, mit Verlaub, ein Paranoiker, der um den Wert seines Grundstücks fürchtet.

  • F
    falco

    der neue stern am journalistenhimmel scheint heller als kai diekmanns neuer mercedes. keep up the good work amadeus!!

  • SB
    Sabine Behrens

    Da muss ich mich eben verlesen haben: Die Verwaltung konnte gar nicht anders als zu genehmigen? Weil sonst LIDL mit Schadensersatz gedroht hätte? Deshalb musste genehmigt werden? Und Ausnahmen erteilt werden, die kein andrer Bürger genehmigt bekäme?

    Mich erinnert ein derart devotes Abnicken eher an einen Wackeldackel der bei dem Namen LIDL auch noch aus der Schnauze tröpfelt.

    Ich werde mir einen Wackeldackel für mein Auto kaufen und ihn Rösler nennen.

  • H
    Harald

    Lach - dass LIDL nur mit kleinen LKWs liefert ist ungefähr so glaubwürdig wie Hedgefondsmanager, die sagen, sozial verantwortlich zu handeln. Und wenn der LIDL erst einmal steht und es sich leider leider zeigt, dass es unpraktikabel ist, mit kleinen LKWs zu liefern, wird die SPD schon eine Ausnahmeregelung finden ...

  • H
    Hanna

    LIDL nimmt Wohngebiete aufs Korn - das ist kein Einzelfall, sondern Strategie, die mit der Butterweichheit der Ämter rechnet:

     

    http://www.han-online.de/Harburg_Archiv/article19493/Hollenstedt-Lidl-kommt.html

  • PW
    Patrick Wollers

    Jaja, die Langenhorner ... eines der vielen ungelösten, hochgefährlichen Verkehrsprobleme der Stadt. Die Polizei gibt dem LIDL-Vorhaben also eine Negativeinschätzung? Dann sollten die Polizisten in Ochsenzoll ruhig mal beim SPD-ler Rösler (Genosse der Bosse?) nachfragen, ob er auch bereit wäre zu helfen, LILDs Verkehrsopfer später von der Langenhorner zu kratzen. Er hilft ja gern (zumindest den Bossen). Wozu hat man eine Verkehrspolizei, wenn man deren Gutachten nicht wahrnimmt? Ach ja, um später die Chose auszulöffeln, die die Politik angerichtet hat.