: Allein unter Ausländerfreunden
■ Podiumsdiskussion geriet für Ausländerbehörden-Chef Bornhöft zum Tribunal / Ein Vermittler zwischen „harten Fronten Von Kaija Kutter
Ganz allein saß er da. Ralph Bornhöft, seines Zeichens Leiter des Einwohnerzentralamtes und damit Chef der rund 350 MitarbeiterInnen der Hamburger Ausländerbehörde. 50 namhafte Prominente hatten Ende September in ihrem Aufruf „Hamburg schiebt ab“ schwere Vorwürfe gegen die Praktiken seiner Behörde erhoben, am Freitag abend stellte sich Bornhöft im Völkerkundemuseum der Diskussion.
Ganz allein, denn sein oberster Vorgesetzter, der neue Innensenator Hartmuth Wrocklage, hatte ebenso wie Parteienvertreter abgesagt. Doch die von Podium und Publikum vorgetragenen Argumente prallten von Bornhöft ab wie Gummibälle.
Beispiel 1: „Ich möchte, daß endlich aufhört, daß die Menschen eine geradezu panische Angst haben, in diese Behörde zu gehen“, so Rechtsanwalt Hartmut Jacobi. Der „Ton in diesem Hause“ und der Umgang mit den Betroffenen sei zunehmend „roh und beleidigend“.
„Es gibt durchaus Fälle, bei denen Mitarbeiter in unangemessener Weise mit ausländischen Staatsbürgern umgehen“, konzidierte Ralph Bornhöft. Auch würden Gespräche mit Mitarbeitern darüber geführt, „daß die Behörde in erster Linie ein Service-Betrieb ist“.
Beispiel 2: Die mangelnde Kommunikation mit dem Bundesamt für Flüchtlinge führe dazu, daß Menschen abgeschoben werden, ohne jemals angehört zu werden.
Antwort Bornhöft: „Die gesetzlich vorgeschriebenen Fristen sind in der Tat ziemlich kurz“.
Beispiel 3: Die Zurückhaltung Hamburgs bei der Verfügung von Abschiebestops und der Umgang mit minderjährigen Flüchtlingen sei „unanständig“. Nach der UN-Kinderkonvention, so der HWP-Völkerrechtler Norman Peach, müßten 16jährige nicht abgeschoben werden, weil die auch von der BRD ratifizierte Konvention ihnen ein Aufenthaltsrecht aus humanitären Gründen einräume.
Stimmt nicht, erwiderte Ralph Bornhöft. Die Behörde müsse sich nicht daran halten, da die BRD die Konvention „unter Vorbehalt“ unterzeichnet hat und nur den Kindern Schutz einräume, „die hier ein reguläres Aufenthaltsrecht haben“.
Beispiel 4: „Nehmen Sie doch mal ihr Herz in die Hand und machen Sie sich zum Fürsprecher der Ausländer“, forderte Pastor Helmut Frenz, Flüchtlingsbeauftragter der Nordelbischen Evangelischen Kirche. Da die Bundes-SPD gegen eben jenen Vorbehalt gestimmt hatte und auch Hessen sich nicht daran hält, „was hindert Sie als Behördenchef unter einer SPD-Regierung, es ähnlich zu tun?“
Antwort: „Ich bin nicht hier, um politische Bekenntnisse abzugeben“.
Beispiel 5: Die Praxis des Petitionsausschusses der Hamburger Bürgerschaft, die Ausländerbehörde vor den Betroffenen über Entscheidungen zu informieren, so daß letztere unvorbereitet in der Behörde vorsprechen und nach Verneinung der Fangfrage: „Reisen sie freiwillig aus?“ verhaftet werden. Diesen Informationsvorsprung dazu zu nutzen, um Menschen leichter in Abschiebehaft zu nehmen, sei „rüpelhaft“, schimpfte ein Anwalt aus dem Publikum: „Ich frage Sie, sind Sie bereit, dies zu ändern?“.
Als Antwort Schwarzes-Peter-Spiel: Nicht seine Behörde, sondern der Petitionsausschuß müsse die Betroffenen über die Entscheidung informieren, sagte Bornhöft. Kein Wort darüber, daß er selbst die Fälle aus seiner Akte dem Ausschuß vorträgt, eine Entscheidung vorschlägt und diese sofort wieder mit ins Büro nimmt.
„Leider sind wir soweit, daß Parlamentarier das tun, was Behörden ihnen vorschlagen“, kritisierte Erich Braun-Egidius. Deshalb müsse es eine parlamentarische Gegenkontrolle durch das Volk geben, wozu es laut Hamburger Verfassung auch berechtigt sei. Braun-Egidius, der auch 1987 beim Hafenstraßenkonflikt erfolgreich interveniert hatte, bot sich als Vermittler zwischen Ausländerinitiativen und Behördenspitze an.
Kein leichter Job. Moderator Karsten Plog formulierte zum Abschluß resigniert: „Die Fronten sind so hart, daß es wenig Möglichkeit gibt, das Gespräch weiter zu entwickeln“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen