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Alle warten auf das Glück

„Böhmen ist überall“: Regisseur Markus Bothe über seine Inszenierung der tschechischen Nationaloper schlechthin: „Die verkaufte Braut“

Immer wieder trifft man Menschen, die Bedrich Smetanas Oper „Die verkaufte Braut“ für eine Operette halten. Tatsächlich heißt die krause Geschichte im Untertitel „Komische Oper“, mit der Smetana denen mit einigem Trotz antworten wollte, die behaupteten, er sei ein bedingungsloser Wagnerianer.

Die Geschichte: Marie soll an den Sohn des Gutsbesitzers Micha verheiratet werden. Doch sie liebt Hans, dessen Herkunft keiner kennt. Kezal, der als Heiratsvermittler Erfolg haben will, überredet Hans, gegen eine Provision auf Marie zu verzichten, worauf Hans sich unter der Bedingung einlässt, Marie müsse einen Sohn des Micha heiraten. Denn nur er weiß, dass er der verschollene Sohn des Micha aus erster Ehe ist.

Welchen Kern er in dieser Geschichte sieht, erklärt Markus Bothe, der das Werk jetzt am Bremer Goetheplatztheater inszeniert. Bothe ist seit 1999 nach Jahren wichtiger Assistenzen (zum Beispiel bei Herbert Wernicke, Christoph Marthaler und Andreas Homoki) freischaffend als Regisseur für Oper und Schauspiel tätig.

taz: Kann man diese Dorfgeschichte aus dem Böhmen des neunzehnten Jahrhunderts überhaupt noch erzählen?

Bothe: Wir sind nach Böhmen gefahren und haben uns diese Dörfer angesehen. Die Struktur ist bei allen gleich: ein paar schmucke Fassaden, Kommunikation über einen Dorfplatz, dann einige verfallene Häuser und dahinter die Plattenbauten. Was kann man da überhaupt machen? Wie richte ich mich in meinem Leben ein? Alle warten auf das Glück und warten und warten. Diesen Selbstbetrug machen die Protagonisten in Smetanas Werk nicht mit: erstens Hans, der von Zuhause abgehauen ist. Zweitens Marie, die es ablehnt, den ihr zugedachten Stotterer Wenzel zu heiraten. Drittens Wenzel, der sich wohl wegen seiner schrecklichen Mutter ins Stottern flüchtet.

Marie, Hans, Wenzel, der Heiratsvermittler Kezal. Was sind das für Personen?

Es ist eine lebensbejahende Melancholie und eine humorvolle Traurigkeit in dem Stück, die tief in allgemeingültige psychologische Zustände schauen lässt. Kezal zum Beispiel: Er steht am Rande der Gesellschaft, er wird gebraucht, aber verachtet. Eine Schlüsselfigur ist die Tänzerin Esmeralda, in die Wenzel sich verliebt: Wenzel schafft es am Ende, aus der Enge seines bisherigen Lebens auszubrechen.

Warum schlägt Kezal Hans eigentlich den Verkauf von Marie vor? Um Hans los zu werden?

Ja, wobei Marie ja von vornherein verkauft ist beziehungsweise als Frau an einen anderen verplant.

Die „Verkaufte Braut“ ist ja die tschechische Nationaloper schlechthin. Die Oper schlägt einen volkstümlichen Ton an. Spielt das für Sie eine Rolle?

In gewisser Weise ja. Diese Volkstümlichkeit ist aber keine auf Böhmen begrenzte.

Wo und wann spielt denn das Stück bei Ihnen?

Jetzt. In Böhmen. Weil sich, das hat unsere Fahrt gezeigt, nichts geändert hat: Böhmen ist überall.

Interview: Ute Schalz-Laurenze

Premiere ist am Samstag (9.11., 19.30) im Theater am Goetheplatz. Die musikalische Leitung hat Lawrence Renes

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