: Alle Kräfte zur Wiederbelebung bemühen
■ Außenminister streiten in Washington über Friedensprozeß im Nahen Osten
Tel Aviv (taz) – Um Fortschritte an der „Friedensfront, Sicherheitsfront und an der Wirtschaftsfront“ im Nahen Osten zu erreichen, seien jetzt „harte Arbeit und schwere Entscheidungen“ vonnöten, rief US-Präsident Bill Clinton am Sonntag die Teilnehmer des Außenministertreffens in Washington auf. An die Adresse der Vertreter Israels, Ägyptens, Jordaniens und der Palästinensischen Autonomiebehörden richtete er die Forderung, alle Kräfte gegen den Terror einzusetzen. Zugleich sprach er sich für die Aufhebung der Abriegelung der von Palästinensern bewohnten Gebiete aus.
Für die Beteiligten am Friedensprozeß stand angesichts des Steckenbleibens in der ersten Phase des vor 17 Monaten in Oslo erreichten Abkommens, der Selbstverwaltung im Gaza-Streifen und in Jericho, viel auf dem Spiel: Je länger alle weiteren Schritt aufgeschoben werden, desto gefährdeter ist das gesamte Nahost-Projekt der US-amerikanischen Außenpolitik. Gleichzeitig unterminiert der Stillstand – verbunden mit verlustreichen Terroranschlägen und einer verheerenden Blockade des Westufers und des Gaza-Streifens – die Machtpositionen der Regierung Rabins sowie auch der Selbstverwaltungsbehörde Arafats. Meinungsumfragen zeigen, daß der in Oslo begonnene Prozeß jetzt nur von einer Minderheit der Israelis (Rabin spricht von 30 Prozent) und der Palästinenser unterstützt wird.
Nach mehr als siebenstündigen Verhandlungen, bei denen viele Differenzen ungelöst blieben, konnte der US-Außenminister Christopher eine Erklärung veröffentlichen, laut der sich die palästinensische Selbstverwaltungsbehörde verpflichtet, Terrorakte zu verhindern, Terroristen keinen Unterschlupf zu gewähren und mit konkreten Strafmaßnahmen gegen Terroristen vorzugehen. „Beide Seiten [Israel und die Palästinenser] erklären, daß solche Schritte Bedingungen für Sicherheit, Stabilität und ruhiges Leben schaffen, wobei auch der freie Austausch von Menschen und Gütern gewährleistet wird.“ Israel verpflichtet sich dann, über die Verwirklichung der nächsten Phase des Osloer Abkommens am Westufer „Verhandlungen zu führen“. Israel versprach erneut, keine neuen Siedlungen zu gründen und keine öffentlichen Mittel für die Erweiterung bestehender Siedlungen zur Verfügung zu stellen.
Am Montag verständigten sich Israel und die PLO in Jericho darauf, das der Chef der palästinensischen Autonomiebehörden künftig direkt von der palästinensischen Bevölkerung gewählt wird. Damit kam Israel einer Forderung der PLO nach. Die Gespräche über die Wahlen zum Autonomierat sollen am 22. und 23. Februar in Kairo fortgesetzt werden.
In Washington hatte Außenminister Peres auch erneut die ägyptische Forderung abgelehnt, daß Israel den Atomwaffensperrvertrag unterzeichne. Peres erklärte, es sei nichts geschehen, was zu einer Änderung des israelischen Standpunkts führen könnte. Danach wäre erst nach Herstellung eines regionalen Friedens mit Israel, an dem auch Irak und Iran beteiligt sind, die Zeit zu Verhandlungen über die Herstellung einer nuklearwaffenfreien Zone im Nahen Osten gekommen. Amos Wollin
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen