Alexandra Mostýn über das Treffen der VisegrÁd-Staaten in Prag: Ostmitteleuropa macht dicht
Eines hat der Prager Gipfel der vier Visegrád-Staaten offengelegt: Ostmitteleuropa traut Merkel und der EU nicht mehr, die Flüchtlingskrise zu deichseln. Die Unterstützung, welche die Teilnehmer des Treffens gegenüber Brüssel ausgedrückt haben, ist nicht mehr als ein Lippenbekenntnis. Verbunden mit einer Warnung: Tastet ja die souveränen Kompetenzen der EU-Mitgliedstaaten nicht an! So lautete der Klartext der am Montag verabschiedeten Erklärung.
In dieser wurde ein erneutes klares Nein zur Quote und zu einer gesamteuropäischen Lösung der Flüchtlingskrise bekräftigt. Und ein ebenso klares Ja zur Schließung der Balkanroute.
Ostmitteleuropa hat Angst. Was, wenn Deutschland und Österreich ihre Grenzen dicht machen und den Flüchtlingsstrom plötzlich nach Tschechien, Polen, Ungarn oder die Slowakei umleitet?
Innenpolitisch würde das für die Regierungen dieser Länder, in denen bis zu 80 Prozent der Bevölkerung gegen eine Aufnahme von Flüchtlingen sind, eine Katastrophe bedeuten. Aber, auch wenn es auf den ersten Blick in Prag nicht so aussah: Die Visegrád-Gruppe ist gespalten. Im Gegensatz zu Viktor Orbán und Jarosław Kaczyński, die vor Kurzem auf der Burg Niedzica in der Woiwodschaft Kleinpolen vereinbarten, sich gegenüber Brüssel gegenseitig die Stange zu halten und im Gegensatz zum slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico, der sich gerade bemüht, auf dem Rücken der Flüchtlingspolitik bei den anstehenden Wahlen eine absolute Mehrheit zu erringen, hofft Tschechiens Ministerpräsident Bohuslav Sobotka, die Krise weiterhin in Zusammenarbeit mit der Bundesregierung zu lösen. Nur: wie lange noch?
Schon im Vorfeld des Treffens hatte Staatspräsident Miloš Zeman der Regierung Sobotka den offenen Krieg erklärt, auch die Umfragewerte stehen gegen den Ministerpräsidenten. Ein Ende der Regierung Sobotka aber wäre für die EU noch ein weiterer Sargnagel.
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