: Alexander von Stahl will die FDP härten
■ Die Kandidatur des Exgeneralbundesanwalts von Stahl für den Landesvorsitz ist für viele Liberale eine Kampfansage
Lange war über seine Kandidatur spekuliert worden, seit gestern nun ist es offiziell: Der Exgeneralbundesanwalt Alexander von Stahl will auf dem kommenden Landesparteitag der Berliner FDP am 12. und 13. Januar Nachfolger des zurückgetretenen FDP-Landesvorsitzenden Günter Rexrodt werden.
Die Ankündigung des Parteirechten droht die Partei nach der Wahlniederlage von Oktober, bei der sie aus dem Abgeordnetenhaus und allen Bezirksparlamenten flog, in ihre bislang schwerste programmatische und personelle Krise zu stürzen. „Richtungskämpfe, die mit der Person von Herrn von Stahl unvermeidlich werden, sind in unserer Lage das Schlechteste, was uns passieren kann“, kommentierte gestern die Ehrenvorsitzende Ella Barowsky (84) die Nachricht vom Antritt des Juristen.
Bereits seit Wochen war intern über eine Einbindung der rechten Kräfte gemunkelt worden. Im Fall einer Wahl des ebenfalls als Kandidaten gehandelten Exumweltsenators Jürgen Starnick zum neuen Landeschef, so Barowsky gestern gegenüber der taz, sei von Stahl als sein Stellvertreter im Gespräch.
Von Stahl, der im Bezirksverband Spandau eng mit dem rechten Historiker Rainer Zitelmann zusammenarbeitet, will die FDP aus dem „Dauertief“ herausholen. Gegenüber der Hamburger Illustrierten Stern erklärte er in einem gestern vorab veröffentlichten Interview, für den Fall seiner Kandidatur sei ihm von mehreren Seiten versichert worden: „Wenn Sie es machen, dann sind wir bereit, Geld in die Partei zu stecken.“ Offenbar ein Köder für viele Unentschlossene, denn die Berliner Liberalen sind mit mindestens einer halben Million Mark tief verschuldet.
Während der stellvertretende und linksliberale Landesvorsitzende Jürgen Dittberner von Stahl gestern „keine Chance“ einräumte, war der ehemalige Abgeordnete Jürgen Biederbick skeptischer: „In dieser Situation ist alles möglich.“ Der Zustand der FDP sei derart desolat, daß manche möglicherweise in der Wahl von Stahls einen Ausweg sähen.
Biederbick, mit der ehemaligen Landesvorsitzenden Carola von Braun einer der exponiertesten Linken in der 3.200 Mitglieder zählenden Partei, schließt eine Kandidatur für den ebenfalls zu wählenden 16köpfigen Parteivorstand nicht mehr aus. Voraussetzung sei aber ein neuer Landesvorsitzender, der einen „klaren Schnitt mit allem macht, was sich nationalliberal nennt“. Personen wie Alexander von Stahl, die geschichtsrevisionistische Aufrufe wie „Wider das Vergessen“ unterschreiben, sollten aus der Partei ausgeschlossen werden.
Sollte Alexander von Stahl, der bislang mit seinen Positionen stets auf Landesparteitagen durchfiel, doch in den Amtssessel gehievt werden, drohen der FDP wohl zahlreiche Austritte. Biederbick zumindest kann sich ein Verbleiben unter dem Exgeneralbundesanwalt nicht vorstellen. „Dann“, so erklärt er, „dürfte ich wohl gehen.“ Severin Weiland
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