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„Alexander der Große war Kriegsverbrecher“

Berlin (taz) — Weil er Alexander den Großen (356 bis 323 v. Chr.) als „Kriegsverbrecher“ bezeichnete, ist ein junger Grieche am Donnerstag zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden. Das Athener Gericht hielt die Äußerung über den vor 2315 Jahren verstorbenen erfolgreichsten Kriegsherrn seiner Zeit für eine „Verbreitung falscher Nachrichten“ und „Störung der öffentlichen Ordnung“. Der 17jährige Michalis Papadaki hatte seine „falsche Nachricht“ auf der anti-mazedonischen Massendemonstration in Athen (1,3 Millionen TeilnehmerInnen) am Vorabend des Edinburgher EG- Gipfels verbreitet. Auf einem Flugblatt warnte er vor Nationalismus: „Wir sind alle Bastarde — es gibt keine reinen Rassen auf dem Balkan.“ Gefahr für Griechenland drohe nicht von der mazedonischen Regierung in Skopje sondern von der eigenen in Athen. Neben der Zeichnung eines bösartig dreinschauenden Alexander stand: „Dieser Mann war ein Größenwahnsinniger.“

Michalis Papadaki war gleich an Ort und Stelle festgenommen worden. Außer mit den Flugblättern will ihn ein Polizist auch beim Werfen mit einer Eisenstange beobachtet haben. Dieses „Wurfgeschoß“ konnte jedoch nirgends gefunden werden. Da der Verurteilte in Revision gehen will, wurde er zunächst auf freien Fuß gesetzt. Die Anwältin des Jugendlichen, Catherina Yatropoulos, verglich das Urteil mit der Rechtsprechung unter der griechischen Militärjunta. Zur Erinnerung: Alexander der Große (bzw. AlexanderIII.) eroberte ausgehend von Mazedonien ein riesiges Imperium. In den berühmten Schlachten von Issos („Dreidreidrei Issos-Keilerei“) und in Gordium („Gordischer Knoten“) erkämpften seine Truppen den Durchbruch nach Kleinasien. Von dort aus unterjochte AlexanderIII. erst Persien, dann auch den Norden des indischen Subkontinents. Seine im Kampf unterlegenen Gegner pflegte der Schüler von Aristoteles, der sich selbst für einen Gott hielt, in Ketten gelegt als Sklaven zu verkaufen. In Athen, wo AlexanderIII. vor allem als „Grieche“ erinnert und geehrt wird, war das Gerichtsurteil gegen den Flugblattverteiler gestern nur der liberalen Tageszeitung Ta Nea eine Meldung wert. Alle übrigen griechischen Medien sparten das heikle Thema aus. Dorothea Hahn

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